Wenn dieses Duell ein Fußballspiel gewesen wäre, hätte es Verlängerung gegeben. Denn die Fragen, die die Mitglieder des WAZ-Leserbeirates für die Runde mit den beiden OB-Spitzenkandidaten vorbereitet hatten, boten eine umfangreiche Diskussionsgrundlage.

Den Auftakt machte der Themenkomplex Stadtfinanzen. „Wo sehen Sie Einsparpotenziale?“ richtete Leserbeiratsmitglied Ulrich Müffler die erste Frage an die beiden OB-Kandidaten. SPD-Mann Scholten sieht eine Lösung darin, die Struktur des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) aufzubrechen. „35 Millionen im Jahr sind klar zu teuer. Damit ist der ÖPNV bei uns signifikant teurer im Vergleich zu den Nachbarstädten.“

An der Steuerschraube drehen?

Die Stadtschulden rechnete CDU-Kandidat Osterwind vor – die Gesamtverschuldung liegt aktuell bei 1,4 Milliarden Euro. „Ein Riesenbatzen, der uns die Luft zum Atmen nimmt“, nannte es Osterwind. Um davon herunter zu kommen, würde er – falls er zum Oberbürgermeister gewählt würde – preiswertere Wege einschlagen und abwägen, ob gewisse Projekte überhaupt noch in Angriff genommen würden. Oesterwind betonte: „Wir wollen kein ‘Weiter So’.“

Ein Masterplan gegen weiteres Kostenwuchern, das könne der Stadt doch aus der Klemme helfen, war sich der Leserbeirat sicher. Ob einer der beiden Herren einen solchen parat habe, lautete daher eine weitere Frage. „Es geht nur über ständiges Kontrollieren – bei jeder neuen Entscheidung“, sagte Ulrich Scholten dazu und CDU-Mann Oesterwind regte an, bei Leuchtturmprojekten künftig auch an die Folgekosten zu denken.

Ob der neu gewählte Oberbürgermeister an der Steuerschraube drehen und die Grundsteuer B erhöhen wolle, wollten die Mitglieder des Leserbeirates wissen. „Ja, damit müssen Sie rechnen“, lautete die Antwort von Werner Oesterwind darauf. Damit löste der CDU-Kandidat unzufriedenes Gemurmel im Publikum aus. „Schon wieder“, entfuhr es einer Besucherin. SPD-Mann Scholten relativierte dieses Vorgehen in seiner Antwort: „Der OB legt die Steuerhöhe nicht alleine fest, das ist ein fragiles Gebilde.“ Statt die Steuerschraube anzudrehen, sagte Scholten, würde er als Oberbürgermeister auf Ausgabendisziplin dringen. „Da helfen uns die kleinen Summen nichts, wir müssen bei den großen ansetzen.“

Ähnliches gelte für die Gewerbesteuer, auf die eine weitere Frage des Leserbeirates abzielte. Ob diese gesenkt werden müsse, um zu verhindern, dass weitere Unternehmen den Wirtschaftsstandort Mülheim verlassen, fragten die Beiräte. „Entscheidend ist bei der Gewerbeansiedlung nicht, die Steuer um fünf Prozent rauf oder runter zu setzen, sondern das, was Unternehmen in Mülheim an Infrastruktur geboten wird“, sagte Scholten, der als Personalchef bei Mannesmann arbeitet. CDU-Kandidat Oesterwind argumentierte mit Blick auf die Gewerbesteuer: „Wir müssen an anderer Stelle zu Einsparungen kommen.“ Wie man denn angesichts des Wegzugs einiger Unternehmen neue Gewerbeansiedlungen beschleunigen könne, wollte Manfred Bogen aus dem Leserbeirat wissen. „So ganz schwarz sehe ich die Lage gar nicht, es sind immer schon Firmen weggegangen, wie vor Jahren etwa Onken. Aber: Bei der Ansiedlung von neuen Firmen müssen Bescheide zügig erteilt werden.“ Er sehe die Wirtschaftsförderung als eine der Hauptaufgaben des Oberbürgermeisters an, betonte Oesterwind. Scholten verdeutlichte in diesem Zusammenhang, dass in Mülheim viele Produktionsarbeitsplätze dauerhaft verloren gegangen sind, obwohl die Auftragsbücher auf Jahre voll seien. „Da muss der OB Flagge zeigen und für geeignete Gegenmaßnahmen sorgen.“