Klaus Felchner aus Raadt kennen viele Mülheimer nicht nur als Landwirt und Musiker, sondern auch als einen engagierten Streiter gegen einen Ausbau des Flughafens.
„Sie kenne ich doch.“ Den Satz hört Klaus Felchner nicht nur in Mülheim immer wieder. In der jüngeren Vergangenheit haben ihn viele als Aktivisten gegen einen möglichen Flughafen-Ausbau kennengelernt. Wer will und viele wollen es, kann den 62-Jährigen heute bei verschiedenen Gelegenheiten und an verschiedenen Orten kennenlernen. Wenn man sanfte und poetische Westcoast-Musik mag, sieht und hört man ihn vielleicht bei einem Konzert mit seiner Fellerband. Wenn er dort die Gitarre spielt, ist unter anderem auch seine Frau Monika mit ihrer Stimme oder mit ihrer Flöte dabei. Auch seine drei Töchter Johanna (Schlagzeug), Viktoria (Percussion) und Katharina (Gesang) leisten ihren Beitrag zum musikalischen Erfolg der 13-köpfigen Band, die nicht nur in unserer Region, sondern auch England gern gehört und gesehen wird.
Wer es lieber kulinarisch als musikalisch mag, kann ihn und seine Familie, zu der auch die 91-jährige Tante Lotte gehört, freitags, samstags und sonntags zwischen 12 und 18 Uhr im Hofladen oder im Hofcafé am Bollenberg, gleich hinter dem Flughafen kennenlernen.
Wo seit 1250 gesät und geerntet wird, verkaufen sie nicht nur Johannisbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Stachelbeeren, Kirschen, Pflaumen und Äpfel, die sie auf 40 000 Quadratmetern am Bollenberg anbauen. Allein die Vorstellung der selbstgebackenen Obsttorten kann einem schon das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.
Das rechte Maß
Doch an diesem Vormittag, an dem Hofladen und Hofcafé geschlossen sind, muss der Besuch von der Presse, mit einem nicht minder köstlichen Glas Apfelschorle Vorlieb nehmen, das Appetit auf mehr macht.
Ein selbstbestimmtes Leben: Wenn Felchner seine Anbauflächen präsentiert oder im 1724 erbauten Fachwerkhaus über sein Leben und Arbeiten mit der Natur erzählt, gewinnt man den Eindruck, einem Menschen gegenüber zu sitzen, der seine eigene Mitte gefunden hat und deshalb in sich selbst ruhen kann. „Viele Menschen sind heute vor allem deshalb mit ihrem Leben nicht zufrieden, weil sie ihre Erwartungen zu hoch hängen und sich nicht mehr über die kleinen Dinge freuen können“, glaubt Felchner.
In seinem Leben ist Felchner vor allem deshalb zu Hause, weil er, getragen von einer Familie, selbstbestimmt leben und arbeiten kann und so der sein kann, der er ist.
„Viele Menschen scheuen Veränderungen und begreifen nicht, dass das Leben eine fortwährende Veränderung ist. Deren Herausforderungen müssen wir annehmen“, meint der Bio-Bauer, der in seinem früheren Leben mal Volkswirtschaft studiert hat. Doch nach dem Studium entschied er sich bewusst gegen eine mögliche Manager-Karriere, weil er lieber sein eigenes Leben als ein Unternehmen managen und optimieren wollte. „Ich möchte nicht wissen, wie viele Manager regelmäßig zum Psychiater gehen müssen, weil sie täglich unter Leistungsdruck stehen und oft Entscheidungen gegen ihr besseres Wissen und Gewissen treffen müssen“, sagt Felchner.
Arbeiten in und mit der Natur
„Ich wollte selbst etwas auf ganz natürliche Weise produzieren und mit gutem Gewissen verkaufen können“, erklärt Felchner, warum er 1979 Landwirt wurde und nach einer intensiven Beschäftigung mit der Wirkung von chemischen Düngemitteln auf den menschlichen Organismus, seinen Hof vor 25 Jahren auf eine biologische Landwirtschaft umstellte. Heute düngt er nur noch mit Pferdemist und Kompost. Und seit 13 Jahren vermarktet er seine eigenen Produkte nur noch selbst. Auch seine Anbaufläche hat er von ursprünglich 15 auf vier Hektar reduziert. „Ich wollte keinen überflüssigen Stress mehr und ich wollte aus dem ständigen Preiskampf mit den Händlern aussteigen“, erinnert sich der Biobauer an die Gründe für seine Entscheidung. Er hat diese Entscheidung nie bereut, ebenso wenig wie sein musikalisches Engagement, das Ende der 60er Jahre mit dem Gewinn eines NRZ-Talent-Wettbewerbs begann. „Musik ist gut für den Geist und das Gemüt“, betont Klaus Felchner.