Mülheim.. Die Dümptenerin Sabine Waldmann, 53 Jahre alt, nahm am Projekt „Zukunft Älterer“ der Agentur für Arbeit teil und hat eine neue Anstellung gefunden.
Dreimal hat sie ihren Job verloren, dreimal musste sie gehen, weil die Unternehmen, für die sie tätig war, umstrukturiert worden sind. Ohne Umschweife erzählt Sabine Waldmann aus ihrer Vita und betont: „Ich hab’ mich immer als arbeitssuchend bezeichnet, denn arbeitslos klingt so passiv.“ Das glaubt man der dynamischen Frau mit den strahlenden Augen und den gelockten Haaren aufs Wort. Doch als sie beim letzten Mal ihren Job verlor, war sie schon über 50. „Da war ich auch erstmal im Loch und wusste nicht, wie es weitergehen soll.“ Aber Sabine Waldmann, heute 53 Jahre alt, ist nicht der Typ, der sich unterkriegen lässt.
Positiv denken, lautet ihr Motto. Und sie vertritt die Ansicht: „Ich muss auch selbst etwas für eine neue Stelle tun. Es kommt kein weißer Ritter, der mir eine auf dem Silbertablett serviert.“ Von Januar bis Mitte Februar schrieb sie also Bewerbungen, brachte ihre vielfältigen Qualifikationen ein – sie ist im Verkauf groß geworden und war gleichzeitig Assistentin für den jeweiligen Chef, so dass sie eine breite Wissenspalette hat, wie sie selber sagt. Zu sieben Vorstellungsgesprächen wurde sie eingeladen. Über diese Quote sagt Sabine Waldmann: „Eine gute Ausbeute.“
Vorbehalte gegenüber Älteren
Jürgen Koch, Leiter der für Mülheim zuständigen Arbeitsagentur, indes zieht die Augenbrauen hoch und sagt: „Bei 80 Bewerbungen nur sieben Einladungen? Diesen Schnitt haben wir sonst nur bei schlechten Hauptschülern.“ Doch das Ergebnis sei beispielhaft für die Situation der über 50-Jährigen, die eine neue Anstellung suchen, sagt Koch. Es gebe durchaus Vorbehalte gegenüber Älteren, weiß der Leiter der Arbeitsagentur und zählt auf: „Werden die nicht öfter krank, sind die noch mobil und überhaupt noch leistungsfähig?“ Lediglich mancher Großbetrieb habe mittlerweile erkannt, dass Fachwissen verloren geht, wenn man die über 50-Jährigen ziehen lässt oder gar vor die Tür setzt. In Mülheim sind aktuell knapp 2500 Menschen, die älter sind als 50 Jahre, arbeitslos. Ihr Anteil von fast 35 Prozent an der gesamten Arbeitslosenzahl ist hoch im Ruhrgebietsvergleich. Einen Grund dafür sieht der Leiter der Arbeitsagentur darin, dass Mülheim per se einen hohen Anteil an älterer Bevölkerung hat. „Hier ist es eher ländlich und gehoben, da lassen sich die Menschen erst nieder, wenn die Karriere läuft, mit Mitte 30 oder Anfang 40.“ In Oberhausen ist der Anteil der Arbeitslosen, die über 50 sind, mit rund 30 Prozent deutlich niedriger, in Essen mit 26,5 Prozent erst recht.
Um darauf zu reagieren, hat die Mülheimer Arbeitsagentur ein Projektteam zusammengestellt, das sich gezielt um die Belange der über 50jährigen Arbeitsuchenden kümmert. „Wir nehmen uns für die Arbeitsuchenden mehr Zeit, zeigen auch Alternativen zur bisherigen Tätigkeit auf und versuchen die Motivation hoch zu halten“, sagt Sibylle Lorke, Projektleiterin von „Zukunft Älterer“ bei der Arbeitsagentur. Davon hat auch Sabine Waldmann profitiert: „Die Stelle, auf die ich mich bei meinem jetzigen Arbeitgeber beworben habe, hat mich eigentlich gar nicht so angesprochen. Ich habe dann einfach im Bewerbungsgespräch gefragt, ob der Job noch ausbaufähig sei.“
Ihr Alter war kein Thema
Das hat geklappt, heute arbeitet sie als Assistentin des Vertriebsleiters Maritim bei der Firma Pleiger Maschinenbau in Witten. Ob denn ihr Alter überhaupt ein Thema gewesen sei im Bewerbungsgespräch? „Nö, die haben ja gesehen, wie alt ich bin und ich bin trotzdem eingeladen worden.“ So selbstbewusst ist sicher nicht jeder, der sich in einer ähnlichen Situation befindet. Aber Sabine Waldmann sagt: „Mit 53 Jahren kenne ich meinen Stellenwert.“ Den hat auch ihr heutiger Chef bei Pleiger Maschinenbau sofort erkannt. „Frau Waldmann war ganz anders als die anderen Bewerber vorher“, sagt Jörg Karthaus, und beschreibt den Unterschied: „Manche Bewerber haben den Eindruck vermittelt, überhaupt nicht arbeitswillig zu sein.“ Lange habe er nach der richtigen Mitarbeiterin gesucht, mit Sabine Waldmann habe er sie gefunden, sagt Jörg Karthaus und betont: „Ihr Alter war mir egal. Einsatzbereitschaft und Flexibilität zählen.“ Die beweist die Dümptenerin auch weiterhin: „Da ich jetzt in Witten arbeite und mein Mann in Heiligenhaus, wollen wir umziehen – in die Mitte unserer Arbeitsstellen.“