Mülheim. In der WDL-Halle wird gerade ein neuartiges Luftschiff zusammengebaut und getestet - eine Millioneninvestition. Den Vorgänger hatte “Ela“ zerstört.
Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit das Luftschiff am Flughafen Essen/Mülheim durch „Ela“ in Fetzen gerissen wurde. Dass sie Ersatz beschaffen wollten, hatten Eigentümerin Inge Bachmann und WDL-Geschäftsführerin Barbara Majerus schon wenig später gewusst und verkündet. Nun liegt der Nachfolger, ein Blimp der neuen Generation, zur Endfertigung in der Halle und wartet auf seinen Jungfernflug.
Es ging wohl auch kaum anders: „Das Luftschiff“, meint Majerus, „ist ein Wahrzeichen für Mülheim und ein Markenzeichen von Wüllenkemper“ – dem verstorbenen Firmengründer und Blimp-Pionier. Eine Second-Hand-Lösung wäre vielleicht noch in Frage gekommen, WDL verfügt über zwei weitere, gebrauchte Hüllen, „aber wir wollten einen Schritt in die Zukunft gehen“.
Keine Versicherung zahlt
Vollzogen wurde dieser, nach einer Machbarkeitsstudie, unter Einschaltung der Ballonbaufirma Wörner in Augsburg, die ein neuartiges Material lieferte. Statt fünflagigem Gummigewebe gibt es jetzt beschichtetes Polyester, was seinerzeit geklebt wurde, wird nun aus rechteckigen Bahnen verschweißt. Das neue Luftschiff sei um 50 Prozent reißfester als das alte, erklärt Majerus. Und: „Für das Augsburger Unternehmen war es ein Jahrhundertauftrag.“
Luftfahrt-Firma WDL feiert ihren 60. Geburtstag
1955, also vor 60 Jahren, wurde die Firma WDL am hiesigen Flughafen durch Theodor Wüllenkemper gegründet. Anfangs verfügte das Unternehmen nur über einen einzigen Doppeldecker.
Das WDL-Team würde die Feier des runden Geburtstags gerne mit Jungfernflug und Taufe des neuen Luftschiffs verbinden. An der genauen Terminplanung wird momentan noch gearbeitet.
Was im Umkehrschluss bedeutet: Für WDL ist dies eine immense Investition. Zumal auch andere Teile so beschädigt waren, dass sie ersetzt werden mussten. Die Gondel beispielsweise, in der künftig neben dem Piloten wieder sieben Passagiere Platz haben.
Mit Kosten um eine Million Euro hatte man zunächst gerechnet, nun spricht die Geschäftsführerin von einem „wesentlich höheren siebenstelligen Betrag“, den keine Versicherung erstattet. „Wir zahlen alles aus unserer eigenen Schatulle. Das war wirklich großes Pech.“
Motorengebrumm bleibt
Doch man spürt, es ist der Vorfreude gewichen, seit die rund 1800 Kilogramm schwere Hülle in einer Kiste per Lkw aus Bayern angeliefert wurde. Nun liegt sie wie Moby Dick, aber noch namenlos in der WDL-Halle: strahlend weiß, wie eine Schäfchenwolke am Himmel, wie ein unbeschriebenes Blatt. Glänzend lackiert, damit sie möglichst lange sauber bleibt, Werbepartner, die willkommen sind, können außen am Blimp Banner befestigen, mit Innenbeleuchtung wird experimentiert.
Die Hoffnung, dass der weiße Riese noch im Juli abheben kann, besteht weiterhin. Aber es wird vielleicht knapp, und auf einen bestimmten Termin festlegen will sich das WDL-Team momentan nicht, verweist auf Tests und Abnahmen, die noch nötig seien.
Eine Information gibt es allerdings noch, die Fans des Mülheimer Luftschiffs freuen wird, Fluglärmempfindliche weniger: Das neue Modell soll mit dem selben Motorengebrumm abheben wie gehabt.
Klaus Orben kümmert sich mit Herzblut um den Blimp
Helium ist sein Element: Das sagen manche über Klaus Orben, der als Betriebsleiter bei WDL für die Luftschiffe verantwortlich ist. Seit 1979 arbeitet der ursprünglich gelernte Kfz-Mechaniker und Karosseriebauer am Mülheimer Flughafen. Mit Herzblut und handwerklichem Geschick überwacht er in diesen Tagen die Montage und Probeläufe des neuen weißen Riesen.
Die Zerstörung des früheren, silberfarbenen Blimps durch „Ela“ erschütterte ihn als Crewchef wie die gesamte WDL-Mannschaft. Im Pfingstorkan 2014 war das an einen Masten gebundene Luftschiff schwer auf den Boden geschlagen und zerfetzt worden. Mit dieser Wucht hatte ja niemand den Sturm kommen sehen. „Normalerweise“, so Orben, „stellen wir ab Windstärke 5 den Flugbetrieb ein. Und wenn es eine Unwetterwarnung gibt mit Sturmböen ab 100 km/h sollte man das Luftschiff in die Halle holen.“ So wird man es wohl auch künftig handhaben.
Füllung dauert vier Stunden
In der vergangenen Woche wurde im Inneren der glänzend weißen Hülle gearbeitet, zu diesem Zweck kletterten die Mechaniker ohne Schuhe, auf dicken Stiefelsocken hinein. Ein Test der Triebwerke verlief erfolgreich. Mit der Heliumfüllung des frisch gefertigten Blimps soll im Laufe der nächsten Tage begonnen werden, damit anschließend die Gondel montiert werden kann. Bis die Hülle prall ist, braucht man nach Angaben von Klaus Orben 6200 bis 6500 Kubikmeter des Edelgases. Angeliefert wird es auf Sattelschleppern. Wie hoch die Rechnung ausfällt, sei schwer zu sagen, denn der Helium-Preis schwanke täglich, ähnlich wie beim Gold.
„Die letzte Füllung für den Vorgänger kostete rund 76.000 Euro“, erinnert sich Klaus Orben. Und dauerte vier Stunden.