Das Bühnengeschehen bei den Mülheimer Theatertagen wirkt nach. Deshalb gibt es für die anschließenden Publikumsdiskussionen ein starkes Interesse, bei denen es in die Tiefen der Stücke geht. Nach zehnjähriger profunder Moderation von Theaterkritiker Gerhard Jörder (2003 bis 2013), einem kurzen Intermezzo mit dem Oberhausener Chefdramaturgen Tilmann Raabke 2014, ist jetzt mit den Kulturjournalisten Christoph Leibold und Michael Laages ein Duo am Start. Sie teilen sich die Gespräche auf: Leibold moderiert bis 24. Mai, danach übernimmt Laages bis zum Ende am 4. Juni. Mit dem Auftakt-Stück „Die lächerliche Finsternis“, einem meinungsfreudigen Ensemble der Wiener Burg, dem selbstbewussten Regisseur Dušan David Pařízek, einem ernsthaften, um Verständnis eines Stücks bemühten Autor Wolfram Lotz und einem streitbaren Kritiker aus dem Publikum hatte es Leibold zum Einstieg alles andere als leicht. So wetterte der Zuschauer gegen das Auswahlgremium des Stückes, das neben Mülheim auch zum Berliner Theatertreffen eingeladen war: „Eine absolute Schande, solch’ ein Stück für Mülheim und Berlin ausgewählt zu haben.“ Harsche Kritik wechselt bei den Publikumsgesprächen mit Lob und manch komischen Momenten. Am Ende sind sie im besten Fall eine Bereicherung für Publikum und die eingeladenen Ensembles mit neu gewonnen Einsichten.
Erfrischend kontrovers – so müssen die Stücke als ein Spiegel der Gesellschaft sein: unbequemen Fragen nach Texten und Inszenierungen sollten sie standhalten können.
Geschmeidiger ging das zweite Gespräch zu „Wunsch und Wunder“ von Felicia Zeller über die Bühne. Darin hatten fünf Schauspieler des Staatstheaters Saarbrücken einen rasanten Parcoursritt durch die Welt der Reproduktionsmedizin hingelegt. Mit einer Sprachgeschwindigkeit, der man schwer folgen konnte. Auf dem Podium gestand die junge zurückhaltende Autorin freimütig: „Ich bin ein schüchterner Mensch.“ Dafür hatte sie mit dem Ensemble Verfechter des Stückes an ihrer Seite, die kaum eine Frage offen ließen.