Mülheim. . Mehr als 250 Erzieherinnen und Sozialarbeiter demonstrierten bei einem Protestzug für die Aufwertung ihrer Berufe und standen im Rathaus Spalier.

Die Beschäftigten der Sozial- und Erziehungsdienste erhöhen im festgefahrenen Tarifstreit den Druck auf die Mülheimer Politik. Mehr als 250 Streikende zogen gestern Nachmittag von Styrum aus über die Friedrich-Ebert-Straße zum Rathaus, um dort den Forderungen nach einer Aufwertung ihrer Berufe und besserer Bezahlung Nachdruck zu verleihen.

Auf ihrem halbstündigen Marsch setzten die Streikenden die allseits bekannten Mittel ein, um sich Gehör zu verschaffen: Trillerpfeifen, rote Warnwesten, Spruchbanner und Plakate – mit teils drastischen Botschaften. „Mama wollte mich nicht. Willst du mich?“, fragt beispielsweise ein Kind mit blutiger Nase auf einem Plakat. „Wir wollen zeigen, mit welchen Härtefällen wir es teilweise zu tun haben. Das ist vielen Leuten nicht bewusst, weil die Menschen, die wir betreuen, kaum darüber sprechen und wir daher keine Lobby haben“, betonte Sozialarbeiterin Ann-Kristin Schellin, die mit Kollegen aus dem Jugendamt am Zug teilnahm.

Einige Eltern beteiligten sich am Streik

Am Marsch beteiligten sich auch Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen, „weil die Anforderungen an uns immens gestiegen sind“, berichtete Beate Staudinger, Leiterin des Familienzentrums Fiedelbär und seit 30 Jahren im Beruf. Viele Kinder seien heute unselbstständiger als früher, manche könnten kaum Deutsch – eine zusätzliche Herausforderung neben all den organisatorischen Aufgaben, die über die Jahre hinzugekommen seien, so Staudinger.

Viele Eltern hätten trotz der Umstände großes Verständnis für den Streik. Einige waren der Einladung der Gewerkschaft Verdi gefolgt und beteiligten sich am Protestzug. „Ich vermute, die Kommunalen Arbeitgeber wollen den Streik aussitzen, bis die Stimmung bei den Eltern kippt“, so Dirk Neubner, Chef des städtischen Personalrates und Mitglied der Bundestarifkommission. Daher habe man gestern weiter Druck auf die Politik ausüben wollen.

Politiker müssen durch ein Spalier zur Ausschusssitzung

Streik geht vorerst weiter

Nach Informationen der Stadt bleiben die städtischen Kitas auch weiterhin geschlossen. „Soviel wir wissen, geht der Streik erst einmal unbefristet weiter“, so Stadtsprecher Volker Wiebels. Dies bestätigte auch die Gewerkschaft Verdi auf Anfrage.

Der Status Quo bleibe damit erhalten. In den eigens eingerichteten Notgruppen würden weiterhin rund 900 Mülheimer Kinder betreut. „Das läuft soweit auch problemlos“, berichtet Wiebels.

Das gelang im Vorfeld einer Sitzung des Bildungsausschusses recht eindrucksvoll. An einem rund 50 Meter langen Spalier der Streikenden mussten die Ausschussmitglieder vorbei, um in den Sitzungssaal zu gelangen. Das machte Eindruck: So wurde den Streikenden kurzerhand erlaubt, im Ausschuss einen offenen Brief mit ihren Forderungen zu verlesen. „Das ist mehr, als ich erhofft habe“, freute sich Neubner auch über den anschließenden Zuspruch von Mitgliedern mehrerer Fraktionen.

Um den Druck aufrecht zu erhalten, vergeben die Streikenden weiterhin täglich eine Rose an Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld. Heute beteiligen sich zudem mehr als 100 Sozialarbeiter und Sozialpädagogen aus Mülheim und Oberhausen an einer landesweiten Demo in Wuppertal. Nachmittags findet ein Solidaritätsfest in der Feldmannstiftung statt.