Mülheim.. Bernd Lorscheidt war auf einer Trekkingtour in Nepal, als dort die Erde bebte. Einige Tage saß er am Flughafen fest, bevor er die Rückreise antreten konnte.
Er wollte die Menschen kennen lernen und die Kultur erleben, auf der der tibetische Buddhismus fußt. Also schloss sich Bernd Lorscheidt aus Saarn einer Gruppe an, die eine Trekkingtour durchs Himalaya-Gebirge plante. Vor genau einer Woche bebte dort, in Nepal, die Erde. Der Erdstoß am vorigen Samstag zerstörte große Teile der Infrastruktur des Landes, zahlreiche alte Häuser sowie Weltkulturerbestätten. Mit einer Stärke von 7,8 war das Beben der gewaltigste Erdstoß in Nepal seit mehr als 80 Jahren.
Bernd Lorscheidt und seine Reise-Kollegen beendeten an diesem Wochenende ihre 16-tägige Trekking-Tour und hatten gerade ihre Unterkunft in der Nähe des Flughafens von Lukla, etwa 20 Kilometer entfernt vom Basislager des Mount Everest, bezogen, als die Erde bebte. „Alles vibrierte – und zwar waagerecht. Das wusste ich erst gar nicht einzuordnen“, erzählt der 55-Jährige. Als er seine Zimmertür öffnete, sah er schon die Bruchsteine, die sich vor der Treppe türmten: „Eine Seite unserer Lodge war eingebrochen.“ Sofort rief er übers Handy zuhause in Saarn an und sagte zu seiner Frau: „Wir leben, wir leben.“ Die verstand gar nicht, worauf ihr Mann ansprach, hatte sie zu diesem Zeitpunkt doch noch nichts von dem Erdbeben erfahren. Ihre Sorge ging dann erst los, schließlich waren starke Nachbeben angekündigt.
Wir wollen hier weg
Lorscheidts Trekking-Gruppe war nichts passiert, dennoch stellte sich bei allen schnell das Gefühl ein: Wir wollen hier weg. Was nicht so einfach war. Der kleine Flughafen, der nun als Drehscheibe für die Hilfseinsätze am Himalaya dient, kann nur bei guter Sicht angeflogen werden – und das nur von kleinen Maschinen, die knapp 20 Personen befördern können. Außerdem war viel Betrieb auf der kurzen Piste: Ständig landeten Helikopter mit Verletzten oder Toten. „Etwa 200 Touristen waren an dem Wochenende nach dem Erdbeben an dem Flughafen gestrandet und wollten weiter nach Katmandu“, berichtet Lorscheidt. Manche Rangelei habe er beobachtet zwischen Reisenden, deren Nerven blank lagen wegen der Ungewissheit: Wann kommen wir hier weg? Und wie sieht es in Katmandu aus? Wie geht es von dort aus weiter?
Ein weiteres Mal hatte Lorscheidts Gruppe großes Glück. Gegen Bargeld – und zwar nur gegen Bargeld – konnten sie Tickets kaufen. Noch am Montag erwischten sie dann einen Flug in die nepalesische Hauptstadt, den letzten, der an diesem Tag von Lukla abhob. Der auch der letzte für die kommenden Tage bleiben sollte, denn das Wetter hatte sich verschlechtert, der kleine Flughafen konnte nicht mehr angesteuert werden. In Katmandu hat ihr Sherpa die Gruppe bei sich aufgenommen. „Wie alle in Katmandu haben wir aber nicht im Haus geschlafen – obwohl das intakt war – sondern draußen in Zelten.“ Die Angst vor Nachbeben war zu groß. „Von der Zerstörung dort haben wir gar nicht viel gesehen, die betrifft wohl eher die Altstadt. Aber es gab kein Strom und kein Wasser“, erzählt Bernd Lorscheidt.
Erstaunt und beeindruckt habe ihn, dass die Nepalesen trotzdem ruhig geblieben seien: „Alles ging ruhig und geordnet seinen Gang. Die Menschen dort nehmen sich nicht als das Wichtigste im Universum.“ Einer von vielen prägenden Eindrücken, die Lorscheidt trotz der schlimmen Ereignisse mitnimmt von dieser ganz besonderen Reise: „Es war sicherlich nicht meine letzte Tour in diese Region.“