Saarn. Die Kinderoper „Brundibár“ wurde einst über 50 Mal im KZ Theresienstadt aufgeführt. Mit der Historie und der Musik beschäftigten sich nun Saarner Gesamtschüler.
Die Gesamtschule Saarn ist Kulturschule – und nutzt diesen kreativen Schwerpunkt, um ein Schlagwort wie „Erinnerungskultur“ auf eigene Weise mit Leben zu füllen: Zwölftklässler studierten im aktuellen Schuljahr, unterstützt von Sechtklässlern, in einem Projektkurs die Kinderoper Brundibár ein. Das Werk des jüdischen Komponisten Hans Krása und des Schriftstellers Adolf Hoffmeister wurde während des Zweiten Weltkriegs über 50 Mal im Konzentrationslager Theresienstadt aufgeführt – von Kindern, die oftmals ebenso wie der Komponist letztlich in Gaskammern ermordet wurden. Die Oberstufenschüler mussten die Historie aufarbeiten, um das Stück ganz zu begreifen.
Projektkurse sind in der gymnasialen Oberstufe vorgeschrieben, sagt deren Leiterin an der Saarner Gesamtschule, Andrea Lutter. Chemie oder empirische Sozialforschung waren da bereits Themen.
Knapp 15 Oberstufenschüler entschieden sich für den Projektkurs
Brundibár ist nun das Ergebnis des ersten geschichtlich-musikalischen Projektkurses. Dass der von Lehrer Sebastian Klein angeregt wurde, überrascht nicht, unterrichtet er doch Geschichte und Musik. Und als er wieder einmal mit einer zehnten Klasse die NS-Zeit thematisierte, merkte er, „dass der emotionale Effekt fehlt“. Seine Schüler auf einer persönlicheren Ebene bewegen wollte er, ihnen die Gräuel der Nationalsozialisten anschaulicher machen. Und da erinnerte er sich an eben jene Kinderoper von Hans Krása.
Knapp 15 Oberstufenschüler entschieden sich für den Projektkurs, der zwar keine Klausuren, aber eine Abschlusspräsentation samt anschließender Benotung umfasst. Laut Stundenplan waren es drei Wochenstunden; in der Praxis verbrachten die Jugendlichen wesentlich mehr Zeit mit Brundibár, den einstigen Schauspielern und den historischen Hintergründen. „Mich hat es sehr bewegt, dass der Komponist selber von den Nazis ermordet wurde. Man musste sich mit all dem befassen, um das Stück zu verstehen“, sagt Leonard Esch und muss zugeben: „Das war manchmal schon erdrückend.“
Ausstellung führt in Oper ein
Das empfand Mara Wetzel ebenso. Vor allem die Vorstellung, dass im KZ Theresienstadt Zwölf-, Dreizehnjährige die Rollen sangen, dass die Akteure immer wieder wechselten, weil Kinder getötet wurden, bewegt sie. Und dass das Mitspielen im Musical für die Kinder damals trotz allem etwas Positives war: „Es war ein Lichtblick im schrecklichen Leben.“
Zudem stellten die Zwölftklässler eine Ausstellung zusammen. „Die Schüler haben sich für einen multimedialen Schwerpunkt entschieden“, sagt Lehrer Sebastian Klein. „Man geht dabei über Gleise und zugleich durch das Leben der Menschen, die die Oper damals aufgeführt haben.“ Das ist der Weg zum Ausstellungsort; jeder Zuschauer muss ihn gehen. Für Schulleiterin Gerhild Brinkmann ist die Oper ein würdiger Umgang mit dem Thema, ein „Herankommen mit Respekt“, das ihre Schüler nachhaltig beeinflussen werde. Und vielleicht auch die Zuschauer, die zu den Aufführungen kommen.
Brundibár im Rahmen der Schultheatertag
Die Kinderoper Brundibár komponierte Hans Krása 1938. Die Geschichte über die Kinder Aninka und Pepiček, die den bösen Leierkastenmann Brundibár besiegen, wurde von Adolf Hoffmeister verfasst. Aufgeführt wurde sie erstmals 1941 in einem jüdischen Kinderheim in Prag. Doch bekannt wurde Brundibár vor allem dadurch, dass Hans Krása 1942 nach seiner Deportation in das KZ Theresienstadt die Partitur erneut niederschrieb und sie dort mit Kinder einstudierte. Die Oper wurde im KZ rund 55 Mal gespielt – von stetig wechselnden Kindern, da viele der junge jungen Darsteller in Vernichtungslager deportiert wurden. Hans Krása und fast alle Ausführenden wurden letztlich 1944 in Auschwitz ermordet.
Der Projektkurs der Gesamtschule Saarn zeigt die Kinderoper gemeinsam mit 28 Sechstklässlern, die zur Musical-AG gehören, zweimal im Forum der Schule an der Ernst-Tommes-Straße: am Dienstag, 5. Mai, sowie am Mittwoch, 6. Mai, um jeweils 19.30 Uhr. Noch sind einige Restkarten zu haben. Sie sind kostenfrei im Sekretariat der Schule erhältlich.
Zudem wird Brundibár im Rahmen der im Juni stattfindenden Schultheatertage gezeigt.