Mülheim.. Die Stadt bemüht sich um flächendeckendes kostenloses Netz, die Umsetzung aber wird dauern. Zurzeit gibt es nur wenige Orte, an denen Gratis-Surfen möglich ist.
Beim kostenfreien Internet für alle gibt es in deutschen Städten großen Nachholbedarf. In Mülheim beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern von Verwaltung, Wirtschaftsförderung und MST mit dem Thema flächendeckendes WLAN in der Innenstadt.
Die Umsetzung dürfte allerdings noch dauern. „Neben den Kosten ist die Störerhaftung das größte Problem“, sagt Kämmerer Uwe Bonan. Hierzulande hafte grundsätzlich der Betreiber eines WLAN-Zugangs, wenn Nutzer das von ihm bereitgestellte Netz für rechtswidrige Zwecke (etwa illegale Musik-Downloads) missbrauchen. Die aktuelle Gesetzgebung erzwinge die Registrierung der Nutzer, um bei illegalen Aktivitäten den Verursacher ermitteln zu können, so Bonan.
Ansatz für freies WLAN überarbeiten
Die Bundesregierung will die Störerhaftung zwar mit einem Gesetzesentwurf reformieren, dieser geht Kämmerer Bonan aber nicht weit genug: „Der Entwurf sieht vor, dass nicht geschäftsmäßige Betreiber von WLAN-Zugängen die Verbindungen verschlüsseln, die Nutzer namentlich kennen und sich die Nutzungsbedingungen bestätigen lassen müssen.“ Verschlüsselungen seien jedoch das genaue Gegenteil von frei zugänglichem Internet. Der Ansatz müsse daher überarbeitet werden.
Mülheim denkt über Alternative zum freien WLAN nach
Die Stadt denkt auch über Alternativen nach. Sie führt Gespräche mit Unitymedia und Telekom, diese sind als sogenannte Provider von der problematischen Störerhaftung befreit. Auch zum bundesweit aktiven Bürgerverein Freifunk e.V. (ebenfalls Provider) hat die Stadt Kontakt aufgenommen. Bislang gibt es in Mülheim allerdings nur 15 Freifunkzugänge. Von Stadt zu Stadt ist das Bild sehr unterschiedlich. Zum Vergleich: In Oberhausen stehen ebenfalls 15 Zugänge bereit, in Ratingen 23. Besser sieht es in Essen (200) und beim Vorreiter Paderborn (700) aus. „Ein konkreter Zeitrahmen lässt sich nicht benennen, da der momentan angedachte Aufbau eines WLANs mit den Freifunkern aufgrund des ehrenamtlichen Charakters des Vereins nicht beeinflusst werden kann“, schildert der Kämmerer.
Dennoch gibt es auch in Mülheim an einigen Stellen bereits kostenloses WLAN. In manchen Geschäften und Cafés ist das mobile Surfen möglich – in der Regel über eine Anmeldung mit Passwort. Eine Liste (samt Karte) mit kostenlosen WLAN-Hotspots in Mülheim ist auf der Homepage der Stadt abrufbar. Die Auflistung der Standorte dürfte jedoch nicht vollständig sein, da die Betreiber sich selbst eintragen müssen.
Neue Möglichkeiten auch für Händler
Flächendeckendes WLAN werde über kurz oder lang in den Innenstädten Einzug halten. Davon ist Claus Boving, Geschäftsführer Firma Enerson Telecommunication überzeugt. Das Mülheimer Unternehmen berät und begleitet Interessenten wie Kommunen oder Werbegemeinschaften bei der Umsetzung von WLAN-Projekten. „In einigen Jahren wird man vielerorts vor die Haustür gehen und direkt eine Verbindung zum WLAN haben“, prophezeit Boving.
Einzelhandel hätte neue Chancen
Dieses Szenario biete nicht nur den Nutzern einen deutlich höheren Komfort. Auch für den Einzelhandel täten sich Chancen auf. „Ein Betreiber, beispielsweise eine Stadt, die ein öffentliches Netz gratis zur Verfügung stellt, wird versuchen, die Kosten dafür wieder reinzuholen.“ Das sei gut möglich, indem man die digitale Infrastruktur vermarkte. Zunächst müsse sich jeder Nutzer auf einer Startseite einloggen. „Hier können bereits Geschäfte am Konzept beteiligt werden, indem sie zielgenaue Werbeangebote schalten.“ Kunden könnten im Vorbeigehen Tagesangebote des Bäckers oder Lieblingsitalieners präsentiert werden.
Auch mit Rabattaktionen oder Gewinnspielen ließe sich die Kundenbindung erhöhen. Oder beim Einkauf in Geschäften: „So kann man ein Bild der neuen potenziellen Lieblingskleidung verschicken und direkt Freunde um Rat fragen.“ Flächendeckendes WLAN stehe noch ganz am Anfang. „Die Standortvorteile für diejenigen, die früh einsteigen, sind deshalb umso größer.“