Mülheim. . Erste Hilfe ist nicht schwer, sie wurde bisher nur zu kompliziert vermittelt – davon sind die Fachleute überzeugt. Deshalb wurden die Kurse modernisiert.

Keine Angst vor Erster Hilfe – diese Botschaft ist den Vertretern Mülheimer Hilfsorganisationen besonders wichtig. Denn die betonen einhellig: Man kann nichts falsch machen – es sei denn man tut gar nichts. Deshalb sind die Profis froh, dass die Erste-Hilfe-Ausbildung modernisiert wurde: Statt theoretischem Frontalunterricht bieten die Kurse ab sofort jede Menge Praxis.

Es ist deutlich zu spüren: Die professionellen Ersthelfer begrüßen die Neuerungen. Denn sie sind überzeugt, dass zu viele Menschen zu große Hemmungen haben und auch deshalb eher an Unfällen vorbeifahren, als Erste Hilfe zu leisten. Dabei seien die nötigen Handgriffe selbst nicht schwer – sie seien bisher nur unnötig kompliziert vermittelt worden.

Dennis Bohnen, Ausbildungsleiter bei der Johanniter-Unfall-Hilfe, hat ein plakatives Beispiel: „Kein Mensch muss wissen, wie viele Wirbelkörper eine Wirbelsäule hat, um einem Motorradfahrer Hilfe zu leisten.“ Deshalb ist auch Klaus-Jürgen Wolf, Kreisgeschäftsführer des Mülheimer Deutschen Rotes Kreuzes, überzeugt: „Wir müssen Erste Hilfe so simpel vermitteln, wie sie tatsächlich ist.“

Das sollen die neuen Richtlinien für Erste-Hilfe-Kurse, die seit dem 1. April gelten, ermöglichen. Die setzen vor allem auf Praxis, betont Thomas Kühn, Stadtbeauftragter der Mülheimer Malteser: „Die Teilnehmer müssen nicht mehr stundenlang zuhören, sie werden schnell selber aktiv.“ Durch dieses intensive praktische Üben, hofft Johanniter Dennis Bohnen und spricht für alle, „verlieren die Menschen die Scheu, selbst zu agieren.“

Erste-Hilfe-Kurs kann an einem Tag absolviert werden

Neunstündige Kurse auch für Fahrschüler

Die Änderungen der Erste-Hilfe-Ausbildung gelten für Menschen, die ihre Kenntnisse auffrischen möchten sowie für Fahrschüler. Je nach Art des Führerscheins waren bisher Kurse zu Lebensrettenden Sofortmaßnahmen oder Erster Hilfe Pflicht.

Zwar gibt es eine Übergangsfrist, doch kündigen Mülheimer Hilfsorganisationen an, ab sofort für alle Fahrschüler neunstündige Kurse anzubieten.

Zugleich wurden bisher 16 Unterrichtseinheiten auf neun reduziert; ein Erste-Hilfe-Kurs kann somit an einem Tag absolviert werden. Die Vertreter der Hilfsorganisationen hoffen so, auch mehr Menschen zu motivieren, ihre Kenntnisse aufzufrischen. Privatpersonen, die sich „mal einen Samstag Zeit nehmen“, will man beim DRK ansprechen, nimmt laut des Kreisgeschäftsführers aber auch Unternehmen in den Blick: Die müssen ihre Mitarbeiter für die Ausbildung zum betrieblichen Ersthelfer künftig nur noch für einen Tag freistellen. Klaus-Jürgen Wolf: „Wir appellieren an Unternehmen, das zu nutzen, um mehr Mitarbeiter ausbilden zu lassen.“

Auch Thomas Kühn von den Maltesern in Mülheim wünscht sich, dass viele Menschen die Chance nutzen, die die neuen, verkürzten Erste-Hilfe-Kurse bieten: „Ziel ist, den Teilnehmern innerhalb von zwei Stunden eine perfekte Herz-Lungen-Wiederbelebung zu vermitteln.“ Denn da hapere es bei den meisten: „Nur 20 Prozent der Deutschen können diese lebenrettende Wiederbelebung richtig durchführen – damit sind wir absolutes Schlusslicht im internationalen Vergleich.“