Aschermittwoch ist der Start der Fastenzeit. Kirchenvertretern ist aber wichtig, dass aus weniger letztlich ein Mehrwert entstehen kann.
Verzichten kann ein Gewinn sein. Pfarrerin Karla Unterhansberg erlebt es in der Fastengruppe, die sie zum zehnten Mal für die Vereinte Evangelische Kirchengemeinde (VEK) leitet, immer wieder, dass aus dem Ohne letztlich ein Mehrwert wird: „Es können neue Freiräume entstehen, sich neue Möglichkeiten zur Gestaltung eröffnen.“ Vielleicht ist das ein Grund, warum Fasten beliebter wird.
Die Klassiker der am heutigen Aschermittwoch beginnenden Fastenzeit bleiben dieselben: auf Süßigkeiten, Fleisch und Alkohol verzichten die meisten Christen. Doch auch anderes kann in den kommenden sieben Wochen Tabu sein: Fernsehen, das Auto oder Computerspiele. „Bewussteres Leben“ nennt all das Dr. Michael Dörnemann, Dezernent für den Bereich Seelsorge im Bistum Essen. Die Fastenzeit ist für ihn eine Phase der Veränderung und letztlich gar des „etwas Mehr“: etwas mehr Gebet, etwas mehr Nächstenliebe, etwas mehr Bewusstsein. Christen, sagt Dr. Michael Dörnemann, sollten „nicht nur den Verzicht leben, sondern sich Gedanken über ihr Leben zu machen“.
Auch Michael Manz, Pfarrer der ev. Johannisgemeinde, sieht den Gewinn im Verzicht in der Nachhaltigkeit: „Man sollte es nicht so machen, wie ein Marathonläufer, der nur die Strecke hinter sich bringt, sondern Kleinigkeiten ins restliche Jahr übernehmen.“ Fasten hat für Pastor Markus Kerner von der kath. Gemeinde St. Joseph vor allem mit gesunden Grenzen zu tun, die der Mensch sich setzt: „In unserer medialen Zeit kann man auch auf Internet oder Fernsehen verzichten.“
Letzteres schafft jene Freiräume, auf die Pfarrerin Karla Unterhansberg verweist: Plötzlich muss man seinen Abend anders gestalten, als vor der Glotze zu hängen. Deshalb hat sie ihre Fastengruppe „Sieben Wochen anders leben“ getauft. Das basiert auf dem offiziellen Motto der Evangelischen Kirche in Deutschland, die stets zu „Sieben Wochen ohne“ aufruft. „Aber ich habe gemerkt, dass ohne das Eine meist nur mit etwas anderem bedeutet“, erläutert Karla Unterhansberg. Ihr ist es wichtig, dass die Teilnehmer der Gruppe sich Verhaltensweisen bewusst werden. Das meint sie besonders mit Blick auf das Thema, unter dem die diesjährige Fastenzeit steht: Sieben Wochen ohne Runtermachen. Die Dynamik in der Gruppe helfe zudem durchzuhalten, wobei die Pfarrerin betont: „Mir ist es wichtig, dass kein Leistungsgedanken aufkommt.“ Einen Wettbewerb des Verzichts gebe es nicht. „Es ist auch okay, wenn es mal nicht klappt.“