Speldorf.
Bekommt Speldorf endlich einen gesellschaftlichen Treffpunkt, stehen bald 100 rote Bänke entlang der Duisburger Straße? Wenn es nach den engagierten Bürgern ginge, die sich am vergangenen Samstag im Saal der Katholischen Kirchengemeinde St. Michael trafen, wäre dies lieber heute statt morgen Realität. Etliche Ideen, wie die Speldorfer selbst das Leben in ihrem Stadtteil verbessern können, brachten die gut 40 Teilnehmer der so genannten Quartierswerkstatt hervor.
„Wer hat Angst vorm engagierten Bürger?“, könnte das Motto für diese „Ideenschmiede von unten“ auch lauten. „Die gibt es in der Verwaltung nicht“, versichert Joerg Marx, der die Quartierswerkstatt im Namen des Mülheimer Sozialamts mit den Vereinten Evangelischen Kirchengemeinden (VEK) und der Caritas organisiert hat. Im Gegenteil: Die Stadt wolle die Teilhabe fördern und die Erarbeitung und Umsetzung der Bürgerideen unterstützen.
Doch zurück zu den Wünschen und auch kritischen Betrachtungen der Speldorfer: An erster Stelle steht die Frage nach einem Mittelpunkt im Stadtteil. „Speldorf ist tot“, ärgern sich manche über die spärlichen Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu kommen. Seit das Depot an der Duisburger Straße ohne Konzept dasteht, sucht man nach einem solchen Zentrum.
Nicht wenige glauben zudem, dass der Ausbau der verkehrsreichen Achse zwischen Duisburg und Mülheim Stadtmitte den ,Durchfahrtscharakter’ des Stadtteils verstärkt habe. Eigentlich wäre hier Entschleunigung angesagt – lautet zumindest der Appell von manchem Teilnehmer an die Stadtplanung und Politik. „Es gab mal den Versuch eines Einzelhändlers, die Leute mit einer roten Bank vor dem Geschäft zum Verweilen anzuregen“, erzählt Teilnehmer und Fotograf Heiner Schmitz. Das Ordnungsamt habe einen Strich durch diese Rechnung gemacht, die Idee findet Schmitz aber weiterhin überlegenswert: „Man stelle sich das vor: 100 rote Sitzbänke entlang der Duisburger Straße. . .“
Anderen wiederum schwebt ein Lesercafé und ein Generationenspielplatz vor – oder ein Ort, wo Flüchtlingskinder mit Speldorfer Kindern gemeinsam spielen können. Marlies Wetzel von der Awo sieht Hürden bei der Integration.
Auch wenn das vielleicht Zukunftsmusik ist, viele Ideen, die schnell umsetzbar sind, hielt die Quartierswerkstatt fest: eine Telefonkette um Nachbarschaftskontakte zu verbessern, um nachbarschaftliche Einkaufshilfe oder gemeinsame Freizeit zu organisieren, junge Menschen wollen Computerdienste für ältere anbieten, und umgekehrt: Senioren lesen vor und betreuen Kinder.
Es gehe aber nicht nur darum, dass ein ,Service’ aufgebaut werde, sondern um ein Netzwerk, das das Zusammenleben im Quartier verbessert, um gegenseitige Wahrnehmung und Teilhabe, sieht Mitorganisator Joerg Marx die Vorteile von mehr Gestaltungsmacht für Bürger. „Wir ,Profis’ übernehmen stets die Rolle der ,Ermöglicher’.“ In den beiden Werkstätten in der Stadtmitte und in Holthausen habe dies schon Früchte getragen (siehe rechts). Auch in Speldorf werde man die Bürgervorschläge weiter begleiten.
Apropos Wahrnehmung: Ein wichtiges Ergebnis der Werkstatt ist den Bürgern schnell bewusst geworden: Es gibt schon einige Angebote im Viertel, die man nutzen und weiterentwickeln kann – nicht selten fehlt es an Information darüber.