Mülheim. Die katholischen Gemeinden müssen in Zukunft mit der Hälfte des Geldes auskommen. Dabei reichen die Mittel schon jetzt nicht. Weiterhin werden viele Austritte verzeichnet.
Vier-, fünfmal im Jahr stehen Gemeindemitglieder nach den Gottesdiensten mit einem Körbchen oder Klingelbeutel an der Kirchentür und bitten um eine milde Gabe – für die eigene Gemeinde. Das Geld für den Kirchenbetrieb reicht oft nicht mehr aus – und es wird noch weniger. Im Jahr 2030, so hat es das Bistum festgelegt, müssen die Pfarrgemeinden mit der Hälfte des Etats auskommen.
Nur noch knapp 20.000 Gemeindemitglieder zählt derzeit jede der drei Mülheimer Pfarreien, jede erhält im Jahr rund 350.000 Euro. „Davon“, zählt Rolf Völker, der Vorsitzende des Katholikenrates auf, „müssen Küster, Organisten, Pfarrsekretärinnen, die Energie- wie die Reinigungskosten, das Pfarrzentrum bezahlt werden.“ Und wenn am Kirchendach etwas kaputt geht, muss auch dieser Topf herhalten. Im Jahr 2020 fallen rund 100.000 Euro weg und später weitere 75.000 Euro.
Demografische Entwicklung
Wie das aufzufangen ist, sollen die Gemeinden vor Ort selbst entscheiden. Ein schwieriger Weg, weiß Völker und denkt daran, dass man sich, wenn vorhanden, von Immobilien trennen oder Gemeindezentren häufiger vermieten könnte. Ob das reicht? „Ich will nicht, dass die Menschen schon jetzt den Kopf in den Sand stecken und sagen, es hilft doch alles nichts“, sagt Völker und setzt auf Kreativität.
Es ist die demografische Entwicklung, die den Kirchen zusetzt, aber vor allem auch die Austritte und damit der Verlust an Kirchensteuern. Die Austritte, so Bistumssprecher Ulrich Lota, bewegen sich „anhaltend auf hohem Niveau“. Die letzte vom Bistum genannte Zahl stammt von 2013: 413 Mülheimer verließen die katholische Kirche, ein Plus um 58 Prozent.
Einschnitte auffangen
Wie die Gemeinden die Einschnitte auffangen sollen, ist auch Pfarrern ein Rätsel: „Wir haben doch jetzt schon ein Defizit“, sagt Pater Josef Prinz von St. Mariä Himmelfahrt in Saarn. Dass es der Kirche im reichen Saarn besser gehe als anderswo, nennt er eine Mär. „Es ist auch ein Trugschluss zu glauben, es könnte noch viel mehr auf Ehrenamtliche übertragen werden.“ Der Pater fürchtet, dass weitere Gebäude aufgegeben werden müssen und vor allem weitere Einschnitte beim Personal folgen. „Der schon vorhandene Mangel an pastoralen Kräften könnte so noch größer werden.“ Die entscheidende Frage für Prinz lautet: Wo werden weitere Kirchen aufgegeben?
Besser geht es auch dem Evangelischen Kirchenkreis nicht. „Die Schere zwischen Ein- und Ausgaben geht immer weiter auseinander“, so Superintendent Heinrich Hitzbleck. Mit sozialverträglichem Personalabbau reagierte der Kirchenkreis, aber er trennt sich auch verstärkt von Bauten – die Aufgabe der Friedenkirche in Heißen und der Christuskirche in Saarn sind aktuelle Beispiele.
Dass die Gemeindemitglieder bei der katholischen Kirche durch Spenden die finanziellen Einschnitte auffangen – dafür fehlt der Glaube. Wenn Rolf Völker und seine Mitstreiter am Ende eines Sonntags in den Klingelbeutel schauen – „150 bis 200 Euro sind schon ein gutes Ergebnis“.
Das Ziel ist mehr Ökumene
Unter dem Druck des Sparens denkt der Katholikenrat in Mülheim darüber nach, eine Ladenkirche gemeinsam mit dem Evangelischen Kirchenkreis zu betreiben. Gespräche mit dem Ev. Kirchenkreis sollen folgen. Derzeit verfügen die Katholiken über eine Ladenkirche am Kohlenkamp, die zwischendurch beim Einkauf aufgesucht werden kann und auch ein tägliches Gebet im Angebot hat. Der Ev. Kirchenkreis betreibt eine Ladenkirche an der Kaiserstraße, die auch Wiedereintrittsstelle ist sowie den Besuchern ein umfangreiches Kultur- und Gesprächsangebot macht. „Die Finanzierung unserer Ladenkirche“, sagt Völker, „ist nur bis Ende 2016 gesichert.“
Überhaupt soll die Ökumene ausgebaut werden, auch jenseits der Möglichkeit, dabei zu sparen. Diskutiert wird unter anderem über ein regelmäßiges gemeinsames Friedensgebet, über einen gemeinsamen Neujahrsempfang zu Beginn des jeweiligen Kirchenjahres sowie über einen Kirchentag im Ringlokschuppen.