Rund um manche letzte Ruhestätte wurde es einsam. Nicht nur, weil Besuche am Grab einst teurer Verstorbener ausbleiben – sondern weil ringsum die Freiflächen wachsen.
Beispiel Hauptfriedhof. In vielen Gräberreihen ist das Wiesen-Grün längst auf dem Vormarsch und verdrängt die einst gepflegte Friedhofskultur. Manche Familiengruften bleiben als Einzelgräber zurück. Beispiel Speldorf: Auch dort zeugen freie Flächen von nachlassendem Bedarf. Vor Jahrzehnten wurde jenseits der Friedhofstraße der Wald durchlichtet, um Vorhaltefläche für Gräber zu schaffen. Schnell wurde der Bereich bevorzugte Hundewiese, nun wächst er langsam wieder zu.
2003 war das Jahr, in dem sich Urnen- und Erdbestattungen mit 1025 und 1029 anglichen. 1990 wählten noch 1790 Mülheimer das Erd- und nur 362 das Urnengrab, 2007 war die Tendenz längst gegenläufig: 953 Urnen- (56,42 %) standen 736 Sarg-Beisetzungen gegenüber. Kontinuierlich gesunken ist zudem die Zahl der Beisetzungen: 1990 zählte die Stadt 2316 Gestorbene, 2007 nur noch 2041. Gleich geblieben sind dagegen mit zusammen 110,4 Hektar die Flächen der zehn städtischen und fünf konfessionellen Friedhöfe, gestiegen sind die Unterhaltungs- und Beisetzungskosten. Hohe Zeit also, gegenzusteuern. Das Amt für Grünflächenmanagement und Friedhofswesen stellte Dienstag im Umweltausschuss das im November 2007 von der Politik beauftragte Friedhofskonzept vor.
Früher ging die Bedarfsermittlung von sieben m2 Grabfläche pro Einwohner aus, heute rechnen Experten mit zwei bis vier. Für die Gebührenkalkulation werden nur noch rund 10 % Vorhalteflächen einkalkuliert. Die Mülheimer Flächen sind mit aktuell 539 628 m2 Grabfeldern allein auf den städtischen Friedhöfen deutlich übedimensioniert. Entsprechend sieht das Konzept die Herausnahme von Friedhofsbereichen vor.
Die kurzfristige Umnutzung und Entwidmung von Flächen ist aus Sicht der Verwaltung auf dem Hauptfriedhof, in Speldorf oder Broich umsetzbar. „Streulagen” soll es künftig nicht mehr geben. Entsprechend sollen für jeden Friedhof Prioritäten und individuelle Lösungen entwickelt werden. Vorgeschlagen wird die Konzentration der einzelnen Beisetzungsflächen auf den Friedhöfen und die Ausgliederung öffentlicher Grünflächen und nicht mehr erforderlicher Grabfelder aus der Gebührenkalkulation. Insgesamt gilt es, die Pflegekosten zu senken, „ohne das Erscheinungsbild zu beeinträchtigen”.
Fest steht für die Amtsleitung: „In Mülheim können alle außerhalb der jetzigen Friedhofsgrenzen vorgesehenen Erweiterungsflächen aufgegeben” und teils vermarktet werden. Bis 2033 sollen die Friedhofsflächen so um etwa 41 000 m2 verkleinert werden. Pro Einwohner werden dann vier m2 angesetzt. Die Unterhaltung der „Überhangflächen” würde dann nicht mehr aus Friedhofsgebühren, sondern aus dem allgemeinen Haushalt zu finanzieren sein.
Bei insgesamt derzeit 97 860 Grabstätten allein auf den städtischen Friedhöfen – mit unterschiedlicher Belegung und unterschiedlichem Ruherecht – erfordert die Ermittlung von Konzentrationsflächen allein schon eine enorme Datenverwaltung. Mit der bisherigen EDV ist das nicht zu machen. Neue Software für die Digitalisierung der Grabflächen wäre erforderlich.