Heiner Schmitz ist neugierig, immer interessiert an Menschen, ob in Afrika, Palästina und China oder in Mülheim. Vor zwei Jahren hatte er Begegnungen in Eppinghofen mit Menschen, deren Wurzeln in fremden Ländern liegen. Nun portraitierte er 26 Senioren für den Styrumer Fotoband „Ein starkes Stück Stadt“. Der Titel trifft auch auf die Senioren zu, deren Portraits allerdings nur ein Kapitel des im Klartext-Verlag erschienen Bandes bilden und dort nur zur Hälfte abgedruckt. Aber es sind gerade die Menschen, die einen Stadtteil oder ein Viertel prägen. Für Heiner Schmitz, der in diesem Jahr selbst 75 Jahre alt wird, war es eine spannende Begegnung, die für ihn viele Überraschungen bot. Immer wieder war er von den Menschen fasziniert und beeindruckt. Derzeit sind die ausdrucksstarken Portraits in der Feldmannstiftung zu sehen. Offiziell wird die Ausstellung am Sonntag in Anwesenheit der meisten Portraitierten eröffnet. Demnächst wird sie dann im Rathausflur in der Innenstadt zu sehen sein. Einer der Styrumer ist inzwischen allerdings verstorben: August Weilandt, der sich um geschichtliche Aufarbeitung des Stadtteils Styrum verdient gemacht hat und maßgeblich am Aufbau des Historischen Klassenzimmers beteiligt war.

Die Idee für das Projekt hatte der Stadtteilkoordinator Michael Maas. Über den Geschichtsgesprächskreis oder das Netzwerk der Generationen bekam Schmitz die ersten Namen von Interessierten. Aber auf weitere interessante Menschen stieß er währende des Projektes nach dem Schneeballprinzip. Schmitz besuchte die Personen zwei Mal zu Hause. Einmal ohne Kamera, um im Gespräch etwas über sie zu erfahren, was sie ausmacht, was sie prägt und begeistert. Aufgenommen wurde er dabei stets ausgesprochen herzlich, wie er sich erinnert.

Aber im Gespräch dem Besonderen auf die Spur zu kommen, war oft gar nicht so einfach, weil für die Menschen ihr Hobby völlig normal, eben Alltag ist. Helga Terwint etwa, die im Caritasverband einen Gesprächskreis für Menschen mit Demenz leitet, erzählte erst relativ spät, dass sie ihre Kosmetik selbst zusammen rührt. Angeregt hatte sie vor vielen Jahren dazu die Hobbythek von Jean Pütz im Fernsehen. Das fand Schmitz ausgesprochen spannend. Und so stellte die 70-Jährige, die eine Ausbildung als Näherin gemacht hat, die Rohstoffe, die alte Apothekerwaage und die anderen Hilfsmittel für das Portrait auf den Tisch.

Ähnlich überraschend war es für den Fotografen bei Fritz Heckmann. Einen Ruhestand gibt es für den 91-Jährigen gelernten Feinmechaniker nicht. In seiner Werkstatt, in der das Werkzeug akkurat an der Wand nach Größe sortiert ist, entstehen kunstvoll erarbeitete Kerzenleuchter und schmiedeeiserne Gitter. Und als Schmitz nach einer Stunde glaubte, dass passende Foto im Kasten zu haben, gerade Blitz, Objektive und Kamera einpackte, sagte Heckmann. „Und nebenan habe ich dasselbe als Holzwerkstatt.“ Da stand dann auch dieses imposante hölzerne Flugzeugmodell. So musste Schmitz seine Ausrüstung wieder auspacken.

Und wer hätte gedacht, dass es in dem Stadtteil mit Karl Schulz einen im Alter von 85 Jahren immer noch aktiven Geigenbauer gibt, der selbst im Salonorchester Oberhausen Kontrabass spielt? Musisch veranlagt ist auch der 1921 geborene Friedrich Döring, der auch Filme über Mülheim drehte.

Mia Salz ist vom gleichen Jahrgang und ein wahres Energiebündel. Voller Begeisterung backt sie Krampfen. Schmitz fotografierte sie dabei. In der Gaststätte Union staunte Schmitz wie beim wöchentlichen Seniorentreffen nach dem Kaffee schnell die Tassen beiseite gestellt werden und die Würfel für allerlei Gesellschaftsspiele kreisen.