Mülheim. . Verunsichert sehen 4800 Siemens-Beschäftigte in Mülheim den Weihnachtstagen entgegen. Noch ist unklar, wohin die Reise am Standort im Jahr 2015 geht.

Das Titelblatt vom aktuellen „Stromschlag“, dem Infoblatt für die in der IG Metall organisierten Siemens-Beschäftigten, zeigt den Siemens-Tanker kurz vor dem Zusammenstoß mit einem Eisberg. „Jetzt den Kurs ändern!“, fordern die Betriebsräte mit Blick auf die Pläne des Konzerns, in Mülheim 299 Stellen abzubauen, unter anderem durch die Komplettverlagerung der ND-Schaufelfertigung nach Ungarn (rund 100 Arbeitsplätze).

„Stop!“ heißt es da. Die Betriebsräte hoffen noch vor der Kollision mit dem Eisberg den rettenden Anker setzen zu können. Sie fordern, dass der Standort Mülheim von Siemens die Chance bekommt, alternative Produkte für Wachstumsmärkte fertigen zu können, sie fordern Investitionen in Innovationen und eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur.

Betriebsversammlung am vergangenen Montag: Nichts Konkretes

Doch konnten weder Betriebsrat noch IG Metall der Belegschaft am Montag bei einer Betriebsversammlung konkret sagen, wie es wohl weitergeht am Standort. Der leidet unter der vielschichtig prekären Marktlage im konventionellen Kraftwerksbau: Allerlei Krisenherde und die Unwägbarkeiten bei der Energiewende machen es der Mülheimer Fertigung für Großkomponenten (Turbinen, Generatoren) und dem Service schon länger nicht leicht auf dem mit Überkapazitäten belegten, umkämpften Weltmarkt.

Ist der Konzern bereit, das sinkende Auftragsvolumen im Kraftwerksgeschäft dadurch zu kompensieren, dass er andere Wachstumsbereiche nach Mülheim bringt? Dafür jedenfalls plädiert der Betriebsratsvorsitzende Pietro Bazzoli. Nach der Krise um die Jahrtausendwende habe man es geschafft, Siemensianern alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu geben und für Mülheim Investitionen zu generieren. „Eine solche Perspektive haben wir aktuell noch nicht“, so Bazzoli.

Betriebsrat rechnet mit einem herausfordernden Jahr 2015

Bisher habe es nur Gespräche mit anderen betroffenen Standorten der Energy-Sparte gegeben. Die Positionen liegen noch auseinander. „Frühestens im Januar wird es erste wirtschaftliche Beratungen geben“, so Bazzoli. Er rechnet damit, dass das gesamte Kalenderjahr 2015 „spannend und absolut herausfordernd“ wird, zumal nicht absehbar sei, was die von Siemens eingeschaltete Unternehmensberatung noch aushecken wird. Für die Kollegen, so Bazzoli, sei die aktuelle Orientierungslosigkeit und Unsicherheit „einfach nur schlimm“. Denn gleichzeitig bleibe der Druck, „Innovationen zu schaffen, Kosten einzusparen, flexibel zu sein und Zeitkonten abzubauen“.