Mülheim an der Ruhr. . Experten haben das Rätsel der Schatulle, die vor drei Wochen auf Schloß Broich gefunden worden war, fast gelöst. Doch wo war sie zwischen ‘33 und ‘58?
Drei Wochen ist es her, da vermeldete die Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH einen Schatzfund im Schloß Broich. Die Aufregung war groß, die Hoffnung auf gewissen Reichtum auch. Am Montag nun, nach ausgiebiger Untersuchung der in der Ringmauer entdeckten Schatulle, lud man zur Präsentation ihres Inhalts. An repräsentativer Stelle, im Rittersaal, lüfteten die Experten das Geheimnis des Kästchens aus Kupferblech: Es beinhaltete 28 gut erhaltene Dokumente, darunter Zeitungen von 1928, Bilder und Pläne von Mülheim sowie einen Satz Münzen.
Besonders interessant seien das Medaillon „Zur Erinnerung A. D. Festl. EINZUG d. Inft. Regt. No 159 1899“, welches sich bezieht auf das 1899 nach Mülheim verlegte Königlich Preußische 8. Lothringische Infanterie-Regiment 159, sowie eine mit Tusche auf Pergament geschriebene Urkunde über die Regimentsgeschichte. Die Recherchen haben Spannendes zutage gefördert: So kam die Schatulle erst 1958 nach Broich. Vorab befand sie sich u.a. im Fundament des Fackelträgers, der einst da thronte, wo heute das Ruhr Reeder Haus steht.
Stück für Stück in den vergangenen Wochen analysiert
Stück für Stück wurde der Mülheimer Schatz in den vergangenen Wochen analysiert, und zwar an ganz unterschiedlichen Stellen: Die Mitarbeiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege in Xanten etwa kümmerten sich um den Inhalt der in der Mauer von Schloß Broich gefundenen Schatulle. Behutsam öffnete eine Restauratorin des Archäologischen Parks die Kassette; die Dokumentation jeder einzelnen Seite, jedes einzelnen Stückes folgte. Zur Freude aller, so hieß es bei der Präsentation auf Schloß Broich, waren die Papiere in gutem Zustand.
Parallel zur Detektivarbeit am Niederrhein begannen bei der MST und der Stadt die Recherchearbeiten. Dass das Kästchen in Verbindung mit dem Ersten Weltkrieg steht, war schnell klar. Schon die Gestaltung seines Deckels verrät dies ja: In Großbuchstaben steht dort – neben einer Krone – das Kürzel IR 159, die Abkürzung also für das einst an der Kaiserstraße stationierte Infanterieregiment 159. Zudem hing bis zur Notsicherung der Mauer vor drei Jahren just vor dem Teilstück, in dem jetzt die Zeitkapsel gefunden worden ist, eine Gedenktafel, die an eben jenes Regiment erinnerte.
Mit einem Mal aber hat sich etwas Unerwartetes entwickelt
So weit, so wenig überraschend. Mit einem Mal aber habe sich doch noch etwas Unerwartetes entwickelt, berichtete Heike Blaeser-Metzger (MST). Man habe im Stadtarchiv die Zeitungen von 1928 unter die Lupe genommen und u.a. etwas über einen bronzenen Fackelträger in Holthausen gefunden. Dieses Ehrendenkmal – sechs Meter hoch und von einem Künstler namens Carl Moritz Schreiner – hatte ein massives Fundament. „Und genau darin befand sich die Schatulle bis 1933“, bis zu jenem Zeitpunkt also, ab dem Schreiner plötzlich als „entartet“ galt und seine Statue zerstört wurde.
Wo war das Kästchen zwischen 1933 und 1958?
1958 kam die Kassette ins Schloß, auch das steht mittlerweile fest, „Angehörige wollten den Gefallenen ein neues Denkmal setzen“. Doch wo war das Kästchen zwischen ‘33 und ‘58? Die Experten hoffen, auch dieses Rätsel bald lösen zu können – „vielleicht erinnert sich ja noch jemand daran“, so Blaeser-Metzger.
Ob und wo der Schatz künftig zu sehen sein wird, ist übrigens noch unklar. Die Experten versprachen, man werde „im Sinne des Objekts“ entscheiden. Meistens sei es die beste Lösung, den Fund dort zu zeigen, wo er auch entdeckt worden ist.