Mülheim. .
Vor drei Wochen sorgte der Fund einer Metall-Kiste in der Mauer des Schloss Broich für Aufregung. Sollte hier etwa Gold die leere Kasse der Stadt auffüllen? Die Hoffnung wurde schnell zerschlagen, als schon beim Ausgraben der Schatulle Zeitungen und Münzen zu erahnen waren. Trotzdem gilt der Fund zeitgeschichtlich gesehen als sehr wertvoll. Der Landschaftsverband Rheinland hat sich der Kiste nun angenommen und seinen Inhalt ausgepackt. Wem dieser gehört, ist noch unklar. Aber dass die Schatulle eine spannende Reise hinter sich hat, ist sicher.
Mehrere Zeitungsartikel, datiert auf den 1. Juli 1928, ebenfalls Grundsteinlegung eines Ehrendenkmals für die Gefallenen im Ersten Weltkrieg, zeugen vom Alter der Schatulle. Und auch von dem Ort in den sie eingemauert wurde. Haben die Verantwortlichen vom Mülheimer Stadtmarketing nämlich zunächst angenommen, die Kiste sei 1928 bereits in die Schlossmauer eingelassen worden, wurden sie überrascht bei der Lektüre der Artikel. Dort ist deutlich geschrieben, dass die „Zeitkapsel“ von Überlebenden des Infanterie-Regiments 159, das in Mülheim stationiert war, in das Fundament des Ehrendenkmals eingemauert wurde.
Auf den Sockel montierten die Regimentsangehörigen dann noch eine Gedenktafel. Das Denkmal, das eine Skulptur eines Fackelträgers darstellte und vom Düsseldorfer Künstler Carl Moritz Schreiner entworfen wurde, ließen die Nazis 1933 abreißen und verschrotten. Es galt als entartet. Die Schatulle wie auch die Gedenktafel verschwanden ebenfalls. Und wurden bis 1958 nicht mehr gesehen.
Was mit ihnen in dieser Zeit geschah, ist ungeklärt, so Heike Blaeser-Metzger vom Stadtmarketing. Sicher sei nur, dass auf Initiative von Hinterbliebenen des Regiments die Schatulle 1958 in die Schlossmauer gelegt und die Gedenktafel darüber gehangen wurde. „Wenn jemand uns Hinweise geben kann, darüber, was mit der Kiste in der Zwischenzeit geschehen ist, dann soll er sich bitte bei uns melden“, so Blaeser-Metzger.
Der Inhalt der Metallkiste ist vor allem für die Historiker bedeutend. Neben den Zeitungsartikeln waren unter anderem alte Münzen aus den 20er Jahren, ein Medaillon mit der Aufschrift „Zur Erinnerung A. D. Festl. EINZUG d. Inft. Regt. No 159 1899“, ein Plan mit dem Schifffahrtsweg vom Rhein nach Mülheim und Ansichten von der Stadt um 1800 und 1900 herum. Falls die Stadt den Fund behalten darf, was nun erstmal abschließend geklärt werden muss, sollen die Stücke ausgestellt werden. Wo und in welcher Form, ist noch offen.
„Vielleicht melden sich auch Hinterbliebene des Regimentes noch bei uns. Darüber würden wir uns sehr freuen“, so Heike Blaeser-Metzger. Das Regiment wurde 1899 übrigens aus Lothringen nach Mülheim versetzt. Obwohl Kaiser Wilhelm keine Soldaten oder Studenten im Ruhrgebiet haben wollte. Kai Rawe vom Stadtarchiv: „Die würden Unruhe bringen. Und das Ruhrgebiet sollte sich auf die Kohleförderung besinnen.“