Stadtgebiet.. Ehrenamtliche Vogelkundler tragen als Mülheimer Interessengemeinschaft Avifauna Wissenswertes über die Bewohner der Lüfte zusammen und stellen ihre Erkenntnisse etwa für städteplanerische Projekte wie die Windenergieanlage in Styrum zur Verfügung.
Kaum rührt sich etwas im nächsten Baum, kaum nimmt das Auge am Himmel eine Bewegung wahr, schon zücken sie ihre Ferngläser. „Goldammer!“ schießt es aus Jörn Tupay heraus, Patrick Kretz nickt zustimmend.
Die beiden Mülheimer sind Vogelkundler aus Leidenschaft und haben daher vor etwa zwei Jahren die Mülheimer Interessengemeinschaft Avifauna, kurz MIA, ins Leben gerufen, ein verbandsübergreifender Zusammenschluss von Vogelkundlern und ornithologisch Interessierten. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern – etwa fünf Vogelfreunde bilden den harten Kern, weitere liefern zu – sammeln sie Zufallsbeobachtungen und führen diese einer wissenschaftlichen Auswertung zu, unterstützen Artenschutzmaßnahmen und erheben den Vogelbestand in Mülheim und Umgebung.
Die Ergebnisse daraus fließen etwa ein in städteplanerische Projekte, werden von Planungsbüros herangezogen und lieferten beispielsweise bereits artenschutzrechtliche Aspekte beim Ausbau der Stromtrasse und der Erweiterung des Golfplatzes in Selbeck sowie bei der Planung für die Windenergieanlage in Styrum. Dort leben die letzten sechs Mülheimer Kiebitz-Paare – die Art ist nach einer aktuellen Erhebung in NRW vom Aussterben bedroht. Sollte das Projekt für die Windkraftanlage realisiert werden, so Kretz, müsse der Betreiber sicherstellen, dass sich für die Kiebitze nichts ändere.
Lohn für die ehrenamtliche Arbeit
Einen Erfolg verbucht Kretz für sich und seine Mitstreiter bereits für die Wiesenblänke an der Mendener Straße. Der Bereich ist auf die Initiative von MIA hin als Biotop ausgewiesen worden. Auch dabei kamen die Datenreihen der Hobby-Ornithologen über den dortigen Vogelbestand zum Tragen – Bestätigung als Lohn für die ehrenamtliche Arbeit der Vogelbeobachtung, die oft im Morgengrauen beginnt oder bis in den Abend hinein dauert. „Die Freude an der Vogelwelt ist Auslöser und Anreiz, niemand soll sich bei uns verpflichtet fühlen“, beschreibt Patrick Kretz den lockeren Zusammenschluss der ornithologisch Interessierten.
Über Unterstützung aus der Bevölkerung sind die Vogelfreunde aber dankbar, denn, erklärt Patrick Kretz: „Einige Vogelarten haben ihren Lebensmittelpunkt in die Siedlungsgebiete verlegt, sind vor allem in Gärten zu finden.“ Kein Terrain, in dem die Hobby-Ornithologen unterwegs sein können und deshalb auf Mithilfe setzen (Info: www.avifauna-mh.de, Mail mit Vogel-Beobachtungen oder Fragen an info@avifauna-mh.de). Kürzlich ist nach mehreren Jahren der Kartierung der Atlas deutscher Brutvogelarten erschienen, ein rund 700 Seiten starkes Werk, das die deutschlandweite Bestandsentwicklung der heimischen Brutvogelarten aufzeigt. Maßgeblich haben für den Bereich Mülheim und Umgebung daran die Mitglieder von MIA mitgearbeitet.
Tiefe Begeisterung für die Natur
„Es ist schon toll, wenn man zu solch einem Werk beitragen kann“, sagt Jörn Tupay. Sein Hobby sei aus einer tiefen Begeisterung für die Natur entstanden. „Mein Opa hat mir zum zehnten Geburtstag ein Vogelbestimmungsbuch geschenkt“, erinnert sich der 47-Jährige. Von da an war der Saarner gefangen genommen von der Welt da oben. Dass Jörn Tupay von Berufs wegen auch noch Pilot geworden ist, ist eine andere Geschichte.