Warum hat er das gemacht? Einen Tag nach dem Eklat, den Peter Beitz (FDP) im Hauptausschuss auslöste, geht das Rätselraten über seine Weigerung, den Saal zu verlassen, in zwei Richtungen. „Juristisch ist das eine Situation, die wir in meinem fast 16 Dienstjahren noch nicht hatten“, sagte Stadtdirektor und Rechtsdezernent Frank Steinfort (CDU). Die Frage ist: Unter welchen Bedingungen kann man gewählte Ratsvertreter von Sitzungen ausschließen?
Was einfach klingt, ist es keineswegs. Die Gemeindeordnung regelt in §31 Befangenheit nur bei „Entscheidungen“. Entscheiden wollte der Hauptausschuss in der Tat aber nichts. Die Politiker wollten stattdessen - erstmals - hören, wie der Sachstand in den Ermittlungen zu einem angeblichen Korruptionsnetzwerk ist, die die städtischen Beteiligungsholding durch Erkenntnisse im Zuge der Kündigung des Ex-Geschäftsführers der städtischen Alteneinrichtungen, Heinz Rinas, ausgelöst hatte. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Stadt bei einer Anklage und einem theoretisch denkbaren Schuldspruch Schadenersatzansprüche geltend machen müsste.
Das Landeskriminalamt ermittelt in diesem Fall seit über einem Jahr, die Staatsanwaltschaft Duisburg bestätigt inzwischen, 17 Beschuldigte auf der Liste zu haben, nennt aber, natürlich, keine Namen. Rinas bestreitet alle Vorwürfe - und auch Beitz hatte zu den Vorgängen zuletzt öffentlich Stellung genommen. Der Grund: In den Ermittlungen und in der Klageerwiderung der Stadt im Kündigungsstreit mit Rinas taucht der Begriff Aleha auf. Diese Firma war beteiligt an einem Qualifizierungsprogramm, bei dem vor drei Jahren rumänische Pflegekräfte für Altenpflege in Deutschland fit gemacht werden sollte. Der Vorwurf, wie ihn der Sprecher des Landgerichts Duisburg, Bernhard Kuchler, im inzwischen vertagten Kündigungsstreit bestätigt, lautet: Rinas habe sich „neben seiner dienstlich veranlassten Betreuung eines Qualifizierungsprogramms für rumänische Krankenpfleger durch die private Abrechnung von Beratungsleistungen gegenüber dem Kooperationspartner (gemeint ist Aleha, d. Red.) persönlich bereichert“.
Rechtsbeistand
Gemeint ist: Der Kooperationspartner erhielt ein Salär für seine Dienste, während Rinas diesem Partner über seine private Beratungsfirma über 20000 Euro in Rechnung stellte - und erhielt. Das hatten vorige Woche Rinas wie auch Peter Beitz bestätigt und unisono argumentiert, dass das erstens „jeder gewusst hat“ und es zweitens legal gewesen sei, weil eine echte Leistung dagegen gestanden hätte, in diesem Fall ein Zertifikat des Steinbeis-Instituts für die Teilnehmer. Inzwischen lässt Beitz seinen Rechtsbeistand, den Anwalt Jörg Hufer, für sich sprechen. Und der sagt, die Vorwürfe der Ermittler seien „nachweislich falsch“.
Was ist nun richtig? Möglicherweise zum Beispiel ist Aleha nicht Aleha. Es gibt davon jedenfalls zwei, wenn auch mit weitgehend identischen Kontaktdaten. Eine Firma heißt schlicht Aleha und führt im Impressum einzig Peter Beitz als Vertreter auf. Eine andere trägt die Zusätze Unternehmensberatung und Sabine Dreiling-Beitz, der Ehefrau von Peter Beitz. Gegen sie, das bestätigt auch Anwalt Hufer, laufen in der Tat Ermittlungen. Aber wie strikt ist die Trennung? Bei der Unterrichtung im Aufsichtsrat der einschlägigen Stadttöchter über diesen Fall hatte Beitz jedenfalls zu diesem Punkt an der Sitzung nicht teilgenommen.
Vielen Stadtverordneten ist das alles ohnehin viel zu spitzfindig. „Ich habe kein Interesse, demnächst bei Sitzungen Gesetze und Kommentare neben mir liegen zu haben“, sagt einer. In der Stadtverwaltung wird jetzt überlegt, wie eine Unterrichtung des Rats, ohne Beitz, doch noch möglich werden könnte. Ein Anhaltspunkt dafür ist nicht die fragliche Befangenheit von Beitz, sondern die fehlende Unbefangenheit der Berichterstatter von Rechtsamt und Beteiligungsholding.