Mülheim. . FDP-Fraktionschef Peter Beitz hat im Hauptausschuss des Mülheimer Stadtrates für einen Eklat gesorgt. Der FDP-Mann, gegen dessen Frau im Rahmen des Korruptionsverdachts rund um die Mülheimer Seniorendienste ermittelt wird, verhinderte eine Information der Ratspolitik zum Fall.

Der Korruptionsverdachtsfall rund um die Mülheimer Seniorendienste hat am Donnerstagabend in nicht-öffentlicher Sitzung des Hauptausschusses für einen Eklat gesorgt. Da es FDP-Fraktionsvorsitzender Peter Beitz verweigerte, wegen Befangenheit den Sitzungssaal zu verlassen, verzichteten Verantwortliche aus dem Rechtsamt und der Beteiligungsholding darauf, den Ausschuss zum Stand des Ermittlungsverfahrens gegen Rinas und 16 weitere Beschuldigte, darunter Beitz-Ehefrau Sabine Dreiling-Beitz, zu informieren.

Während sich Mitglieder des Ausschusses „entsetzt“ zeigten über die „Hartleibigkeit“ von Beitz, äußerte Rechtsamtsleiter Dr. Frank Steinfort durchaus Verständnis für den FDP-Mann. Laut Gemeindeordnung sei Befangenheit nur anzunehmen, wenn eine Entscheidung zu einer Sache anstünde, sagte er. Das Rechtsamt werde nun aber noch einmal genauer prüfen, denn es sei auch eine geschützte Information der Ratsmitglieder sicherzustellen.

Beitz lässt sich mittlerweile von Rechtsanwalt vertreten

Beitz lässt sich mittlerweile von Rechtsanwalt Jörg Hufer vertreten. Dieser sagte am Freitag zur WAZ, dass von einer Befangenheit Beitz’ gemäß Gemeindeordnung nicht auszugehen sei. Hufer gab an, im Strafverfahren die Beitz-Ehefrau zu verteidigen.

Noch am Donnerstagabend sendete FDP-Fraktionschef Peter Beitz eine Meldung über das soziale Netzwerk Facebook in die Welt: „Merkwürdige Sitzung“, ließ er da wissen. Im nicht-öffentlichen Teil hatte er einer Aufforderung der Oberbürgermeisterin keine Folge geleistet. Beitz sollte wegen Befangenheit den Raum verlassen, damit die Leiterin des Rechtsamtes, Bettina Döbbe, und der Chef der Beteiligungsholding, Dr. Hendrik Dönnebrink, die restlichen Ausschussmitglieder zum Korruptionsverdachtsfall rund um die Mülheimer Seniorendienste informieren konnten.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Ehefrau von Beitz

In den ist mit der Aleha-Unternehmensberatung die Firma von Beitz-Ehefrau Sabine Dreiling-Beitz verstrickt, gegen sie laufen laut ihrem Rechtsanwalt Jörg Hufer Ermittlungen. Peter Beitz selbst arbeitet für die Firma, ist im Impressum des Aleha-Internetauftritts als Verantwortlicher gemäß Telemediengesetz benannt.

Es kracht schon

Der Korruptionsverdachtsfall rund um die Mülheimer Seniorendienste, im Rahmen dessen gegen 17 Beschuldigte ermittelt wird, versetzt die Stadt in Unruhe. Es krachte Donnerstagabend gewaltig im Hauptausschuss, als FDP-Fraktionschef Peter Beitz sich weigerte, aus Befangenheit der Berichterstattung der Verwaltung zum „Fall Rinas“ fernzubleiben. Im Aufsichtsrat der Beteiligungsholding hatte Beitz noch den Saal verlassen, wegen: Befangenheit. Damit brach er und geht auf Konfrontation mit den Ratskollegen.

Beitz tut sich damit keinen Gefallen, selbst wenn sich die Vorwürfe gegen die Firma seiner Frau, in der er mitwirkt, nicht bestätigen. Er hat die Information der Rats­politik am Donnerstag verhindert. Die Verwaltung hat zu Recht nicht riskiert, vor Beitz zum Sachstand der Ermittlungen und zu Details der Vorwürfe zu referieren. Sie ist gut beraten, die laufenden Ermittlungen, eben auch die gegen die Beitz-Gattin, nicht zu gefährden. Schon der Donnerstag hat gezeigt, wie heikel die Aufklärung werden wird, an der sich die Staatsanwaltschaft nun schon seit 15 Monaten die Zähne auszubeißen scheint. Es wird noch eine lange Zeit ins Land ziehen, bis Mülheims Bürger wissen, ob und wie der Filz um sich gegriffen hat. (Mirco Stodollick)

Eine Information der Politik über das Ermittlungsverfahren und die schweren Vorwürfe gegen insgesamt 17 Beschuldigte hatten die Grünen und die MBI gefordert. Beitz blieb aber im Saal. Die Oberbürgermeisterin als Leiterin der Sitzung blies die Information der Ratsmitglieder daraufhin ab. Rechtsdezernent Dr. Frank Steinfort verteidigte das Handeln von Dagmar Mühlenfeld am Freitag damit, dass auch „unsere Mitarbeiter zu schützen sind. Sie wollen nicht riskieren, selbst Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen zu werden“. Sprich: sich durch möglicherweise nur ein unbedachtes Wort in der Berichterstattung zum „Fall Rinas“ plötzlich einer Unterlassungs- oder Verleumdungsklage gegenüberzusehen.

Wann ist ein Ratsmitglied befangen?

Gleichwohl sieht Steinfort ein Dilemma. § 31 der Gemeindeordnung, der die Befangenheit von Ratsmitgliedern regele, stelle auf die Teilnahme an Entscheidungen ab. Die habe im Hauptausschuss zum „Fall Rinas“ eben nicht angestanden. So sieht es auch Beitz-Anwalt Jörg Hufer. „Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Jemand kann laut Gemeindeordnung nicht befangen sein, wenn er nur zuhört.“ Das Rechtsamt will die rechtliche Situation nun noch mal genauer prüfen.

Beitz-Anwalt Hufer kündigte derweil gegenüber dieser Zeitung an, am Wochenende die Möglichkeiten für eine Strafanzeige gegen Unbekannt zu prüfen. Wegen Geheimnisverrats. Der könne vorliegen, da überhaupt aus nicht-öffentlicher Sitzung bekannt geworden sei, dass Beitz sich der Aufforderung verweigert habe, den Raum zu verlassen. Beitz selbst sieht sich und die Firma Aleha aufgrund „einiger trauriger Wortbeiträge“ von Ratskollegen, die „zum Glück protokolliert“ würden, derart getroffen, dass er überlegen will, auch hiergegen rechtlich vorzugehen.

Beitz-Anwalt weist Vorwürfe als „nachweislich falsch“ zurück

Die Beratungsfirma Aleha steht laut Ermittlern des LKA unter Verdacht, im mutmaßlichen „Korruptionsnetzwerk“ um den Ex-Geschäftsführer der Seniorendienste, Heinz Rinas, verstrickt zu sein. Unterstellt wird Aleha, Rinas im Gegenzug für einen 150 000 Euro schweren Auftrag privat gut 20 000 Euro zukommen gelassen zu haben. Der Vorwurf, so Anwalt Hufer, sei „nachweislich falsch“.