Seit Jahren schon verfügt das Theater an der Ruhr über eine Dependance in der Innenstadt. Zumindest inoffiziell. Das Mocca Nova ist seit Jahren das geistige Zentrum des Jungen Theaters. Kommt man an diesem Café am Löhberg vorbei, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man einen der jungen Leuten dort trifft. Sie kauern selbst im kalten Winter rauchend und Kaffee trinkend vor der Tür, um über Theatertexte, Rollen und Inszenierungen zu reden. Was wäre naheliegender, als auch mal an diesem Ort zu einer Veranstaltung einzuladen? Mocca Nova-Chef Bernd Schlüter, der auch der Akustik-Session Raum bietet, ist da offen und für weitere Gäste in den Abendstunden dankbar.

Entspannter Piano-Jazz schallt aus dem Café, die Reihen um den großen Tisch, der an den zentralen Platz im Theater-Foyer erinnert, sind dicht besetzt. Am Kopf sitzt Theater-Chef Roberto und beantwortet zunächst die Fragen von Theaterpädagogen Bernhard Deutsch zum Text und der Inszenierung von Arthur Millers „Die Stunde Amerikas“. Warum er diesen Text, der auf Interviews von Studs Terkel und biographischen Erfahrungen beruht, nicht als Dokumentartheater inszeniert hat, will Deutsch wissen. Statt dessen Supermann und Affen auf die Bühne bringt und Uncle Sam auf die Couch legt. „Weil der erste Impuls falsch wäre und ein Gegengewicht für die Inszenierung nötig ist“, sagt Ciulli, der sich von der Atmosphäre ganz begeistert zeigt, und Deutsch später als großen Schatz bezeichnet. Denn es sei ihm gelungen, Schüler und Jugendliche für Theater zu begeistern und über Jahre ans Haus zu binden. Einige von ihnen kennt Ciulli schon seit zehn Jahren und hat sie auch in unterschiedlichen Funktionen in seinen Inszenierungen eingesetzt.

Später liest das Publikum mit verteilten Rollen im Theatertext, tragen die Jugendlichen Texte des Pulitzerpreisträgers Terkel und Miller vor und werden Originalinterviews aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise eingespielt. „Das hat mir total Lust auf die Aufführung von „Stunde Amerikas“ am Sonntag gemacht“, sagte eine Frau hinterher zu Roberto Ciulli. Er seinerseits ist begeistert von dieser Veranstaltungsform, will sie regelmäßig in der Innenstadt anbieten, weil das Theater auf diese Weise noch einmal ganz andere Leute erreichen kann. Mehr Dialog und mehr freiwillige Leser würde er sich für das nächste Mal allerdings schon wünschen.