Hans Meinolf trat vor 63 in die Metall-Gewerkschaft ein. Er erinnert sich daran, wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die 35-Stunden-Woche durchgesetzt wurden. Die Aufgaben der Arbeitnehmervertretungen hätten sich im Laufe der Zeit kaum verändert, findet er.

Dass in dem Haus in Eppinghofen jemand lebt, der sich gesellschaftlich und politisch engagiert, können Besucher schon im Flur sehen. Gerahmte Urkunden reihen sich aneinander: Auszeichnung für jahrzehntelanges Blutspenden, Bundesverdienstkreuz, Ehrenring der Stadt, 50 Jahre SPD-Mitgliedschaft – die Liste ließe sich noch verlängern. Angefangen aber hat alles mit dem Eintritt in die Metall-Gewerkschaft. Das war im Jahr 1946 und für den Lehrling Hans Meinolf eine Selbstverständlichkeit – schon allein deshalb, weil sein Vater auch Gewerkschaftsmitglied war. Drei Jahre später begann der Elektro- und Maschinenbauer bei den Rheinischen Röhrenwerken (später Mannesmannröhren Werke), wurde als Jugendvertrauensmann gewählt, 1955 dann in den Betriebsrat.

Dass er länger Gewerkschaftsmitglied ist als der DGB alt ist – das lässt den heute 78-Jährigen schmunzeln. „Uns war es immer wichtig, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu fördern.” Ob Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, oder 35-Stunden-Woche: Hans Meinolf erinnert sich, wie die Rechte der Arbeitnehmer hart erkämpft werden mussten. „Heute ist das selbstverständlich, viele glauben, sie wären vom Himmel gefallen.” Auch ein Grund dafür, wie er vermutet, dass „so wenige den Weg in die Gewerkschaften finden”. Ein weiterer Grund: „Die Großbetriebe sind nicht so groß wie sie früher waren.” Deshalb müssten sich die Gewerkschaften künftig stärker auf Mittelständler und kleine Unternehmen einstellen.

Kaum veränderte Aufgaben

Ansonsten hätten sich die Aufgaben im Laufe der Jahre kaum verändert, findet Hans Meinolf. „Ich könnte eine Rede aus den 1950er-Jahren wieder halten, mit einem Ausrufezeichen hier und einem Fragezeichen dort.” Heute wie damals sei die kollektive Mitbestimmung entscheidend. Und heute wie damals täten viele Arbeitgeber so, als seien Gewerkschaften nicht nötig. „Immer wieder wird versucht, unsere Arbeit zu unterlaufen und Betriebsräte zu verhindern”, sagt Meinolf und verweist auf einige Discounter.

Dass Friseure für einen Stundenlohn von 1,50 oder 2 Euro arbeiten müssten, passiere vor allem in Gegenden, in denen die Gewerkschaften schwach sind. Grund genug also für junge Leute, sich in einer Arbeitnehmervertretung zu organisieren, findet er. Was viele davon abhält? Die Bequemlichkeit und der hohe Zeitaufwand, glaubt Hans Meinolf und streut eine Anekdote ein. 50 Jahre ist er inzwischen verheiratet. Manchmal aber sage seine Frau zu ihm, dass von Goldener Hochzeit noch keine Rede sein könne: „Du warst ja die Hälfte deines Lebens nicht da.” Schließlich war Hans Meinolf nicht nur in der IG Metall aktiv, 1952 trat er in die SPD ein, 30 Jahre war er im Rat, leitete zwischenzeitlich die Fraktion.

Der Rentner hat sich zurückgezogen

Seit er 1990 in Rente ging, hat sich der gebürtige Mülheimer zurückgezogen. Na ja, nicht ganz: Er ist SPD-Ehrenvorsitzender in Eppinghofen und der AfA (Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen), „sporadisch” lässt er sich beim Seniorenarbeitskreis der IG Metall blicken. „Aber ich versuche, nicht mehr hineinzureden.” Stattdessen verbringt der 78-Jährige viel Zeit mit seinen Büchern, auf einem Stehpult findet immer eine andere Kunstbibel aus seiner Sammlung Platz, derzeit blättert er in der Chagall-Ausgabe. Eine Antwort nimmt er dabei gleich mit einem Lächeln vorweg: „Das heißt nicht, dass ich religiös bin.”