Kamp-Lintfort. Lautes Feuerwerk? Geht nicht. Oben rund um den Zechenturm gehen - verboten. Trotzdem müssen Besucher auf nichts verzichten. Nichtmal auf Fußball.
Das Wanderfalkenpaar, das regelmäßig am großen Zechenturm nistet, ist nicht nur gern gesehen. Es ist auch wohlbehütet. Durch das Artenschutzgesetz. Und das ist ziemlich streng. Bevor im Zechenpark zum zweiten Mal die große Party bei der Extraschicht losgehen kann, wird jeweils genau geprüft, ob der seltene Vogel womöglich durch Lärm und die zahlreichen Besucher bei der Aufzucht seiner Brut gestört wird.
„Vor 60 Jahren wäre der Wanderfalke fast ausgestorben. Mittlerweile ist er vor allem in der Nähe der Städte wieder heimisch geworden. Er ist der schnellste Greifvogel der Welt“, weiß Peter Malzbender, Nabu-Vorsitzender im Kreis Wesel. Im Sturzflug sollen sie bis zu 300 km/h schnell werden können.
Lichtershow ohne Knallerei
Und so kommt es, dass es ein Wanderfalken-gerechtes Programm zur Extraschicht geben wird. Deshalb gibt es kein lautes Feuerwerk, sondern stattdessen eine Lichtshow. Und die darf auch nicht in direkter Nähe des großen Zechenturms leuchten, sondern wandert etwa 70 bis 100 Meter weiter zum Fördergerüst. Der Förderturm wird nur angeleuchtet, wie dem Schreiben des Kreises Wesel dazu zu entnehmen ist. „Es finden keine Blitzknall-Effekte und keine lauten, feuerwerksähnlichen Leuchtkugeleffekte statt. Auch ein sogenannter ,Wasserfall‘ ist nicht geplant.“ Vielmehr bestehe die Show aus Lichteffekten, auch mit Bengalfackeln, und Musikbeschallung.
Wer die zugegeben sensationelle Aussicht vom Zechentrum aus fast 70 Metern Höhe genießen will, muss sich ein wenig einschränken, dem seltenen Raubvogel zuliebe. Die Balustrade wird oberhalb des Wanderfalken-Nestes auf einer Länge von insgesamt 11 Metern abgesperrt. Und nach 22 Uhr herrscht Nachtruhe dort oben.
Auch an die Fußball-Fans wird gedacht
„Sie haben damit ein Vermeidungskonzept erarbeitet, das den Anforderungen zum Schutz der Wanderfalken gerecht wird“, bestätigt die untere Naturschutzbehörde der Stadt Kamp-Lintfort. „Der Durchführung der Großveranstaltung wird daher zugestimmt“, heißt es vom Kreis. Ohne diese offizielle Prüfung und Zustimmung hätte es keine Extraschicht geben können. Auch wenn der Abend im Zechenpark doch ein bisschen unruhiger als sonst für die Vögel werden dürfte.
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Auf ein kleines Bonbönchen zur Extraschicht weist die Stadt Kamp-Lintfort hin: Damit Fußballfans nicht die Qual der Wahl haben und womöglich gar auf einen Besuch des Zechenparks verzichten, wird es das Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid ab 21 Uhr auf einer Leinwand im Rahmen der Extraschicht zu sehen sein. Auch hier wird Rücksicht genommen - auf die Fußball-Fans. Das Programm auf der Stadtwerke-Bühne auf dem Quartiersplatz werde sich etwas verschieben, heißt es. Die Band This is…! starte bereits gegen 19 Uhr und die Band Bash Entertainment spiele im Anschluss an das Spiel, also gegen 23 Uhr, ihr erstes Set. Die Lichtershow soll wie geplant um etwa null Uhr starten. Danach gehe es mit dem zweiten Set der Band Bash Entertainment weiter.
Schön ruhig hat es dagegen das Wanderfalkenpaar, das sich seit vielen Jahren regelmäßig den Schornstein der Müllverbrennungsanlage zur Aufzucht seiner Brut aussucht. Wie Cornelia Bothen, Pressesprecherin des Abfallentsorgungszentrums, auf Anfrage bestätigt, sind die Gäste nach einem Jahr Pause wieder da. Ein Küken sei im Nest. „Es ist gesund und munter und der Nabu hat das Tier auch schon beringt“, sagt Bothen.
Die Ringe der Eltern habe man noch nicht lesen können, deshalb könne man auch nicht mit Gewissheit sagen, ob es die Asdonkshof-Stammgäste sind, die sich dort um ihren Nachwuchs kümmern, oder „Zuzügler“. Die Mitarbeiter machen es den geschützten und standorttreuen Tieren recht gemütlich, damit es ihnen an nichts fehlt. In einem alten Dackelkorb sei ein einladendes Kiesbett ausgebreitet, erzählt Bothen. „Das ist das richtige für Vögel, die sonst in Felsspalten brüten.“ Nabu und Mitarbeiter des Asdonkshofs haben übrigens uneingeschränkten Einblick in das Geschehen im Kinderzimmer. Eine Webcam beobachtet das Treiben im Nest auf beinah 200 Metern Höhe.
Der Wanderfalke hat nicht nur Freunde
Mehr als zehn Wanderfalkenpaare kann Peter Malzbender vom Nabu im Kreis Wesel zählen. Gleichwohl: Nicht alle freuen sich, wenn der Greif es sich in der Nachbarschaft gemütlich macht, darunter auch mancher Taubenzüchter. Was Malzbender nicht ganz nachvollziehen kann: „Der Falke schlägt seine Beute in der Luft. Er sucht sich immer das Tier aus, das am wenigsten fit scheint. Und die Zuchttauben sind in der Regel alle fit“, glaubt der Experte.