Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn gibt‘s Zoff mit einem Vermieter: Nebenkosten-Vorauszahlungen werden nicht weitergeleitet. Der Mieterschutz ist eingeschaltet.
Stefan Günther ist verschnupft – gelinde gesagt. Der Neukirchen-Vluyner ist nicht etwa erkältet, sondern massiv verstimmt, wenn er an seinen Vermieter denkt. Damit steht der zweifache Vater nicht alleine da. Auch seine Nachbarn aus den Häusern Mozartstraße 26, 26a, 28 und 30 sind von einer Situation betroffen, die für alle vor allem eins ist: unangenehm.
„Die Häuser gehören demselben Vermieter“, klärt Stefan Günther auf. 23 Familien sind betroffen, heißt es weiter. Teilweise leben Kleinkinder mit in den Haushalten. Von Seiten der Mieter gibt es massive Kritik zu Themen wie Erreichbarkeit, allgemeine Versorgungsleistungen und Nebenkostenabrechnungen. Und jetzt? Geht es ihm und seiner Familie an die Wohnung. Die Enni hat angekündigt, das Wasser abzustellen. Was die Familie Günther gemacht hat? Ist zur Enni gegangen und hat den ausstehenden Betrag, der von der Nebenkostenvorauszahlung nicht weitergeleitet worden ist, gezahlt. Ärgerlich: „Wir zahlen jetzt doppelt.“
Die Neukirchen-Vluyner Mieter können die Zahlungen zurückfordern
Allerdings hat nach Auskunft der Enni nun auch der Vermieter den ausstehenden Betrag gezahlt. Die angedrohte Sperrung sei damit hinfällig. Die Mieter könnten ihre Zahlung zurückfordern oder als Puffer stehenlassen, heißt es weiter seitens der Enni. Fälle wie diese kämen leider immer wieder vor, sagt eine Enni-Sprecherin auf Nachfrage. Im laufenden Jahr gab es bereits 23 Sperrandrohungen für Allgemeinzähler – aber keine einzige Sperre.
Konkrete Angaben sind für das Unternehmen aus Datenschutzgründen schwierig. Gleichwohl gibt es Auskunft darüber, ab wann Enni mit Absperren droht. Die erste Mahnung sei am 23. Februar verschickt worden, die tatsächliche Sperrung wäre zum 24. April erfolgt. Enni unternehme viel, bis die Sperrung von Verbrauchszählern erfolgt. Der Einstellung der Versorgung gehe ein mehrmonatiger Mahnprozess (Mahnung, Sperrankündigung, Sperrmitteilung, Schreiben an die Mieter, etc.) voraus. „Die Sperrung eines Allgemeinzählers in einem Mehrfamilienhaus infolge von Zahlungsschwierigkeiten des Vermieters kommt sehr selten vor. Dazu sind wir aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nicht nur berechtigt, sondern im Sinne aller unserer Kunden auch verpflichtet“, erklärt die Enni-Sprecherin.
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Das bestätigt Peter Heß vom Mieterschutzbund, zu dem einige der Familien von der Mozartstraße bereits Kontakt aufgenommen haben. Die Rechtsprechung sei aus den 1960er Jahren, kritisiert der Mieterschutz-Experte. Wenn der Vermieter die Nebenkosten nicht weitergibt, darf der Versorger, wie hier geschehen, reagieren. Heß erklärt weiter: Wenn in einem solchen Fall Mieter gegen den Versorger klagen, werde die Klage abgewiesen, denn: Die sind nicht der Vertragspartner, sondern der Vermieter. Und nach Aussagen des Mieterschutz-Fachmanns geht das rechtliche Dilemma sogar noch weiter. So dürfte nach seiner Aussage auch „eine Strafanzeige gegen einen Vermieter wegen Unterschlagung ins Leere laufen, weil der auf seinen eigenen Namen Schulden“ aufgehäuft habe. Peter Heß: „Manchmal hängt die Rechtsprechung hinterher.“
Aber selbstverständlich hat er auch einen Tipp für die betroffenen Mieterinnen und Mieter. Diese könnten das Geld von den laufenden Kosten abziehen, nicht nur von den Vorauszahlungen. Und sie sollten schon bei der ersten Ankündigung einer Sperrung reagieren. Eines kann der Mieterschutz allerdings mit Blick auf Zahlungsausfälle und Leerstände eindeutig nicht empfehlen: Dass sich eine Mietergemeinschaft zusammenschließt und als Vertragspartner für einen Versorger auftritt. „Das ist ein nicht zu kalkulierendes Risiko“, sagt Heß.
Kontrollieren kann die Stadt Neukirchen-Vluyn nicht
Eine Kontrolle seitens der Stadt kann im Übrigen nur bei öffentlich gefördertem Wohnraum erfolgen. Das wird auf Nachfrage bei der Verwaltung deutlich. Stefan Günther hat jetzt wie andere Nachbarn Kontakt zum Mieterschutz aufgenommen.
Die Vermieterfamilie ist derweil gegenüber der Redaktion um Aufklärung bemüht. Man habe immer wieder in die Immobilien investiert, heißt es. Im Zuge dessen, dass die Immobilien innerhalb der Familie vererbt worden sind, hätten sich beispielsweise Kontaktdaten und dergleichen mehr geändert. Das wird als ursächlich dafür gewertet, dass die Kommunikation nicht immer einwandfrei funktioniert hat. Mit einzelnen Mietern habe man telefoniert, heißt es weiter. Nun soll es zeitnah ein Treffen vor Ort geben, um sich einen aktuellen Überblick zu verschaffen.