Kamp-Lintfort. An zu wenig Niederschlag in jüngster Zeit kann es nicht gelegen haben, dass die Kleine Goorley plötzlich weg war. Lineg erklärt das Phänomen.

Gefühlt hat es seit Anfang des Jahres am Niederrhein quasi durchgängig geregnet. Noch im März gab es auf Einladung der SPD eine Veranstaltung mit der Lineg (Linksniederrheinische Entwässerungsgesellschaft), weil Kamp-Lintforter Bürger sich über nasse Keller ärgern mussten. Steigendes Grundwasser und der Rhein, der das Grundwasser wieder zurückdrückt, waren das Problem. Deshalb staunte ein Leser dieser Zeitung nicht schlecht, als er vor wenigen Wochen bei seiner morgendlichen Gassirunde feststellen musste, dass die Kleine Goorley vom munteren Bächlein zum dürren Rinnsal geworden war. Permanenter Regen und trotzdem trocknet ein Bach aus? Das kann nicht sein, befand er.

Auf Nachfrage erklärt Lineg-Sprecher Ingo Plaschke das Phänomen: „Vor dem Hintergrund des vielen Regens, der in den vergangenen Monaten am Niederrhein gefallen ist, mag es überraschen, dass die Kleine Goorley im Moment auffallend weniger Wasser als manch anderer Bach in der Region führt.“ Ein Anwohner, der bei der Lineg nachfragte, vermutete, dass dies auf eine ausgefallene Pumpanlage der Lineg zurückzuführen sei. Diese Behauptung sei unrichtig, so Plaschke.

So funktioniert die Bewässerung der Kleinen Goorley

Vielmehr sei kurioserweise – und sehr vereinfacht gesagt – der viele Regen daran schuld, dass es bei der Kleinen Goorley trocken wurde. Die Bewässerung der Kleinen Goorley funktioniere so: „Die Kleine Goorley wird über die sogenannte Vorflutpumpanlage Parsickgraben 2 mit Wasser beschickt. Die Wasserzufuhr wurde zwischenzeitlich ausgesetzt, um den Grundwasserspiegel im Bereich Torfgrund nicht übermäßig anzureichern. Diese Maßnahme war nötig, um in diesem Bereich den gesetzlich vorgebenden Flurabstand halten zu können. Mit Flurabstand ist der Abstand zwischen Geländeoberkante und Grundwasserspiegel gemeint.“

So sieht es normalerweise an der Kleinen Goorley aus.
So sieht es normalerweise an der Kleinen Goorley aus.

Steigt der Grundwasserspiegel an der Messstelle über einen bestimmten Wert, wird die Pumpanlage Parsickgraben 2 automatisch abgeschaltet
Ingo Plaschke, Sprecher der Lineg, über die Ursache des knappen Wasserstandes an der Kleinen Goorley.

Die Lineg sei mit Hilfe eines weitverzweigten Messsystems in ihrem Verbandsgebiet über die aktuellen Grundwasserstände im Bilde. Dadurch könne sie jederzeit und schnell auf die jeweilige Lage reagieren. „Im Fall der Kleinen Goorley heißt das: Steigt der Grundwasserspiegel an der Messstelle über einen bestimmten Wert, wird die Pumpanlage Parsickgraben 2 automatisch abgeschaltet. Sinkt der Grundwasserspiegel an der Messstelle unter einen bestimmten Wert, geht die Pumpanlage Parsickgraben 2 wieder in Betrieb.“

Die Lineg „hält sich an behördlich vorgebende Einleitwerte“

Seit etwa 14 Tagen laufe die Vorflutpumpanlage Parsickgraben 2 wieder. In der Zeit davor sei sie eine Woche bewusst außer Betrieb gewesen – eben weil ein bestimmter Grundwasserstand erreicht worden sei. Nachdem der Grundwasserstand unter ein bestimmtes Niveau gefallen sei, sei die Pumpanlage wieder angesprungen, die Kleine Goorley wurde wieder mit Wasser beschickt. „Auch bei dieser Regulierungsmaßnahme bewegt sich die Lineg im gesetzlich vorgebenden Rahmen, das heißt unter anderem, sie hat den Schutz der Bebauung und die Ökologie des Gewässers im Blick, auch hält sie sich an behördlich vorgebende Einleitwerte“, teilt der Sprecher weiter mit. „In diesem Spannungsfeld arbeiten wir: Schutz der Natur und Schutz der Wohnbebauung.“ Lebewesen gebe es durchaus in der Kleinen Goorley, nämlich „Makrozoobenthos“. Diese Organismen seien für die Entwicklung des Gewässers sehr wichtig, „allerdings gibt es in der Goorley vergleichsweise wenige und die leben angepasst“, so Plaschke.

Kleine Goorley staubtrocken - das gab es vor einigen Jahren

Die Kleine Goorley wurde seit Anfang der 2000er Jahr naturnah gestaltet. Das war nicht immer ohne Hürden. Denn schon 2017 wunderten sich Kamp-Lintforter darüber, dass sie nichts sahen. Der Graben war gebuddelt, die Tunnelrohre gelegt, aber alles blieb staubtrocken. Kein Wasser weit und breit. Seinerzeit lag es an der alten Pumpanlage Gestfeld 4, die sich zugesetzt hatte. Und es sollte noch einige Zeit ins Land gehen, bis der immerhin 600.000 Euro teure Ausbau des vierten Abschnitts des historischen Grabens Kleine Goorley zu einem sanft fließenden Gewässer führte und den Kamp-Lintfortern einen schönen Grünzug bescherte. Also meistens.