Kamp-Lintfort. NRW-Finanzminister Optendrenk will, dass Kommunen ab 2025 die Grundsteuer eigenständig gestalten. Warum das für große Probleme und Ärger sorgt.

Vor wenigen Tagen hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) angekündigt, notfalls im Alleingang den Kommunen aufzulegen, eigenständig die Grundsteuer zu gestalten. In den Rathäusern solle entschieden werden, welche Hebesätze für Wohnen oder Gewerbe gelten. Hintergrund ist die Tatsache, dass wohl Wohneigentümer in vielen Fällen mit der 2025 in Kraft tretenden Reform des Bundes stärker belastet werden als Gewerbetreibende. Dies soll durch die sogenannte „Öffnungsklausel“ vermieden werden. Was sich eigentlich erstmal gut anhört, treibt den Bürgermeistern die Zornesröte ins Gesicht. In einer ersten Pressemitteilung sprach der Städte- und Gemeindebund NRW, dessen Präsident der Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheidt ist, von einem „Bärendienst“.

Was den Kamp-Lintforter besonders daran ärgert: „Wir ringen schon seit langem mit dem Land, etwas zu ändern. Wir haben darauf hingewiesen, dass es passieren kann, dass Gewerbe günstiger und Private teurer werden.“ Teilweise würden nach bestehender Gesetzeslage ab 2025 Gewerbetreibende 50 Prozent weniger Grundsteuern zahlen, Wohneigentümer dagegen 20 Prozent mehr. Das werde nach seiner Einschätzung auch für Kamp-Lintfort in etwa - Stand jetzt - so auskommen, zumindest aber werde es „spürbare Verschiebungen“ geben. Das hänge davon ab, ob in einer Stadt viele große Gewerbeflächen gegen kleinteilige Wohnbebauung stehen. „Und die Grundsteuer wird ja an die Mieter weitergereicht“, ergänzt Landscheidt. Die Grundsteuer trifft eben nicht nur situierte Häuslebauer.

Andere Bundesländer haben rechtzeitig reagiert

Etwas neidisch blickt der Bürgermeister nach Bayern oder Sachsen. Dort gibt es eigene Gesetze. Im Saarland und in Sachsen beispielsweise, so Landscheidt, habe man sich rechtzeitig auf den Weg gemacht, die „Öffnungsklausel“ sinnvoll zu gestalten. In NRW sei es nun zu spät: Es sei nicht in Ordnung, den Kommunen „das jetzt vor die Füße zu werfen und zu sagen, seht zu, wie es gerechter wird.“

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Das Problem: „Das kommt jetzt viel zu spät“, sagt Landscheidt. Weder habe man in Kamp-Lintfort (und anderswo) die nötigen IT-Voraussetzungen, noch das Personal, um gesplittete Grundsteuerhebesätze einzuarbeiten. Auch sei die gesetzliche Grundlage für NRW nicht ansatzweise klar, die Verunsicherung groß. „So, wie es jetzt ist, machen sich die Kommunen angreifbar, was immer sie entscheiden.“ Was ihn dabei besonders ärgert: „Die Kommunen sind ohnehin schon wegen vieler anderer Themen in Schwierigkeiten. Wenn wir jetzt noch Prozesse um Grundstücke und deren Bewertung führen müssen, ist das unerträglich.“

Umstritten

Die neue Grundsteuerregelung soll 2025 in Kraft treten. Von Anfang an war die Reform umstritten. Die Grundsteuererklärungen gingen nur zögerlich bei den Finanzämtern ein. Stand Januar 2024 hat das Finanzamt Kamp-Lintfort 85.000 von benötigten 94.000 Grundsteuerbescheiden ausgegeben. 2600 Empfänger haben dagegen Widerspruch eingelegt, das sind 6,7 Prozent. NRW-weit liegt die Widerspruchsquote bei 12,6 Prozent. Weitere Bescheide sind in Kamp-Lintfort in Arbeit. Im Januar fehlten noch 4400 Grundsteuererklärungen. Die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung war am 31. Januar 2023 abgelaufen.

Landscheidt befürchtet Doppeleffekt

Horrorszenario für einen erfolgsverwöhnten Bürgermeister Landscheidt mit Blick auf die nächsten Etatberatungen und den auf Kante genähten Haushalt: „Wenn wir dann auch noch in 2025 die Grundsteuer B anheben müssen, um einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen, haben wir einen Doppeleffekt.“ Was das für den Wohnungsmarkt bedeutet, kann sich jeder ausmalen.

Unterm Strich fasst Landscheidt es so zusammen: Kommt das NRW-Gesetz - wie von Optendrenk gewünscht - noch, sei es angreifbar. Kommt es nicht, bleibt die oben beschriebene Schieflage zwischen Gewerbe und Wohnen. „Beides ist mehr als unbefriedigend.“ Eine Lösung sehe er tatsächlich im Moment nicht. „Dabei sind Probleme da, um sie zu lösen. Aber hier haben wir als Kommunen keinen Hebel.“

Christoph Landscheidt betont, dass die neue Grundsteuererhebung an sich nicht zu beanstanden sei. Es sei an der Zeit, realistische Werte zu ermitteln, wie es durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes eingefordert wurde. „Auch wenn es etwas umständlich geworden ist.“ Aber dass das Land so lange angesichts der Schieflage gezögert habe, „das hätte nicht passieren dürfen.“