Kamp-Lintfort. Mehr Müll, weniger Wertstoffe: Warum der Kampf gegen illegal entsorgten Abfall schwierig ist. Wann Kamp-Lintfort wieder zum Müllsammeltag ruft.

Das Pro-Kopf-Müllaufkommen ist in Kamp-Lintfort 2023 gestiegen. Im Schnitt hat jeder Kamp-Lintforter im vergangenen Jahr 451 Kilogramm Müll produziert, pro Kopf 6 Kilogramm mehr als 2022. Gesunken ist dabei lediglich der Anteil an Altpapier, Elektroschrott und Leichtstoffverpackungen. Gestiegen sind auch wieder die Kosten für die Entsorgung des wilden Mülls. Das steht im Abfallbericht 2023, der am Donnerstag Thema im Fachausschuss ist.

Bauschutt, Dämmstoffe, Reifen und Schlachtabfälle

36.500 Euro hat die Stadt Kamp-Lintfort im vegangenen Jahr dafür aufwenden müssen, illegal entsorgten Müll aus dem Stadtgebiet zu entfernen. Immer wieder, so die Verwaltung, würden an sehr unübersichtlichen und kaum frequentierten Plätzen – zum Beispiel Rayer Straße, Niephauser Feld, Haarbeckstraße, Norddeutschlandstraße, Kohlenhucker Weg, Asdonkstraße und wieder vermehrt auf den Parkplätzen in der Leucht sowie auf der Zufahrt zum englischen Friedhof – ganze Lkw-Ladungen abgekippt. Darunter unter anderem Gewerbeabfall wie Altreifen und Bauschutt aber auch Gefahrstoffe wie Eternitplatten, Dämmstoffe oder sogar Schlachtabfälle. Nach Art und Menge zu urteilen, handelte es sich jeweils um Abfall aus kleinen Gewerbebetrieben, die Verursacher waren in der Regel nicht zu ermitteln.

Am 13. April ist wieder Müllsammeltag in Kamp-Lintfort.
Am 13. April ist wieder Müllsammeltag in Kamp-Lintfort. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Dabei war die Stadt in Kenntnis der Probleme in der Vergangenheit nicht untätig: In Abstimmung mit Grundstückseigentümern wurden einige der betroffenen Gebiete mit Pollern und Schranken abgesperrt. Die bittere Erkenntnis: Das Problem der „wilden Müllentsorgung“ wird dann einfach auf andere Standorte verlagert. Der wilde Müll sei und bleibe ein Problem, so Dezernent Martin Notthoff: „Man kann nur versuchen, das einzudämmen, es aber nie ganz verhindern.“

Problem: Wertstoffklau schmälert die Bilanz

Aufgeben? Geht gar nicht. Zumindest im Kleinen gehen es Stadt sowie Bürgerinnen und Bürger wieder regelmäßig gemeinsam an: Mit dem Projekt Abfallpaten, bei dem sich aktuell 23 Einzelpersonen, eine Schulklasse und ein zehnköpfiges Unternehmen engagieren, und dem im übernächsten Monat anstehenden Müllsammeltag am 13. April wird im ersten Falle regelmäßig und im zweiten Fall punktuell an neuralgischen Punkten „aufgeräumt“.

Man kann nur versuchen, das einzudämmen, es aber nie ganz verhindern.
Martin Notthoff

Was die Abfallbilanz indes auch zeigt: Der Wertstoffanteil am Gesamtmüllaufkommen ist auf das niedrigste Niveau seit 2007 gesunken. Verringert hat sich der Altpapieranteil, nach wie vor spielt in Kamp-Lintfort wie in anderen Städten auch aber der Wertstoffklau beim Altmetall oder Elektroschrott eine Rolle. Zwar können beispielsweise Kühlschränke oder Waschmaschinen in Kamp-Lintfort direkt beim Wertstoffhof entsorgt werden, den Wertstoffklau an der Straße verhindere das Angebot aber trotzdem nicht, sagt Notthoff.

Mehr und mehr Hausmüll landet in der gelben Tonne

Deutliche Kritik formuliert der Bericht indes am Dualen System, also an dem Müllsystem, bei dem so genannte Leichtstoffverpackungen über die gelbe Tonne oder den gelben Sack entsorgt werden. Wurden 1995 insgesamt 1.205 Tonnen „gelber Müll“ gesammelt, waren es 2023 in Kamp-Lintfort 2.131 Tonnen – ein Zuwachs um etwa 77 Prozent. Laut Verwaltung wandern von Jahr zu Jahr mehr und mehr Hausmüllmengen in die Sammelsysteme der Dualen Systeme, ein Trend, der bundesweit zu verfolgen sei.

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Mit dem neuen Verpackungsgesetz sei 2019 ein Entsorgungssystem verfestigt worden, das trotz hoher Kosten und eines „immensen bürokratischen Aufwands“ bisher kaum ökologische Fortschritte bei der Entsorgung von Verpackungsabfällen gebracht habe und zukünftig auch erkennbar nicht bringen werde, urteilen nicht nur die Experten in Kamp-Lintfort.

Das Gegenteil sei der Fall: Beim Aufkommen von Verpackungsabfällen sei Deutschland „Europameister“, die Mehrwegquote eingebrochen und das Recycling von aufbereiteten Kunststoffabfällen in neuen Produkten liege bei nur circa 20 Prozent. Die Frage, ob man das Duale System da nicht besser abschaffen oder ersetzen sollte, beantwortet Dezernent Martin Notthoff jedenfalls klar und deutlich: „Jede Alternative wäre vermutlich besser geeignet.“