Wesel. Bald wird der Zugbetrieb bei Wesel erneut eingestellt. Die Betuwe-Arbeiten gehen weiter – was in den nächsten Wochen und Monaten geplant ist.

Wer regelmäßig mit der Bahn zwischen Wesel und Voerde unterwegs ist, der wird die ersten Arbeiten aus dem Zugfenster schon beobachtet haben: Neben der Strecke bereitet die Deutsche Bahn seit einigen Wochen den Neubau der Eisenbahnbrücke über die Lippe vor. Wenn am Dienstag, 14. Mai, der Abschnitt zwischen Oberhausen und Emmerich für einen Monat gesperrt wird, soll es weiter vorangehen: In den kommenden Wochen entstehen Widerlager, Pfeiler und Lager der neuen Brücke Stück für Stück vor Ort. Der Stahlüberbau soll bis Sommer 2024 stehen – dann ist laut Bahn auch der Einschub des Bauwerks geplant.

Der Weg für die Eisenbahn über die Lippe ist beim Betuwe-Ausbau im Bereich Wesel, der zusammen mit Voerde-Friedrichsfeld zum Bauabschnitt drei gehört, derzeit eines der zentralen Projekte der Deutschen Bahn. Am Mittwochabend stellte der Konzern bei einem digitalen Bürgerinformationstermin die nächsten Schritte vor. Die Brücken über den Fluss werden komplett erneuert, damit es auch dort künftig den erforderlichen Platz für drei Gleise gibt.

Bis November soll der Neubau in Betrieb gehen, denn mehr als anderthalb Jahre wird der dann eingleisige Zugverkehr zwischen Wesel und Friedrichsfeld nur über dieses Bauwerk führen. Wie berichtet, wechseln sich zwischen Herbst 2024 und Mai 2026 auf der Strecke ununterbrochen Voll- und Teilsperrungen ab. In dieser Zeit will die Bahn die alten Brücken abreißen und zwei neue errichten, starten sollen diese Arbeiten im ersten Quartal 2025. Die neuen Überführungen werden übrigens deutlich länger als die Altbauten, damit die Lippe mehr Platz bekommt, um sich auszubreiten.

So sollen die drei Brücken über die Lippe bei Wesel aussehen.
So sollen die drei Brücken über die Lippe bei Wesel aussehen. © Deutsche Bahn AG | Marcel Winter

In der Nähe der Lippe war bei den Vorbereitungsarbeiten für die Brücke im Januar der Unterbau eines historischen Bauwerks aus dem 19. Jahrhundert freigelegt worden, das als Bodendenkmal eingetragen ist. Es handelt sich dabei um das 1829 erbaute Fort Flam. „Alle nötigen Rückbauarbeiten werden auf ein Minimum reduziert, das Fort bleibt bestehen, wo es technisch nicht angepasst werden muss“, erklärte der zuständige Projektingenieur Maurice Wolf bei dem Informationstermin. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass eine Abwasserleitung durch das Mauerwerk gelegt wird, um es zu erhalten. Allerdings ist das nicht in allen Bereichen möglich: Wo das dritte Gleis über das Fort führt, muss die historische Substanz zurückgebaut werden.

Brücke am Rande der Weseler Innenstadt wird abgerissen

Ebenfalls im Fokus des Projektteams der Bahn steht der Neubau der Eisenbahnbrücke über die Kurt-Kräcker-Straße in der Nähe des Weseler Bahnhofs – der Betuwe-Ausbau erreicht damit erstmals in größerem Umfang die Innenstadt. Die Überführung muss entgegen der ursprünglichen Planungen abgerissen und neu errichtet werden. Klar ist: Dafür wird die Kurt-Kräcker-Straße sowie der Fuß- und Radweg zwischenzeitlich gesperrt.

Die Eisenbahnbrücke über die Kurt-Kräcker-Straße in Wesel muss erneuert werden.
Die Eisenbahnbrücke über die Kurt-Kräcker-Straße in Wesel muss erneuert werden. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Bisher war es nach Angaben der Stadt geplant, die Straße zwischen der Dinslakener Landstraße und der Friedenstraße wegen der Verlegung von Leitungen in den Sommerferien für vier Wochen dichtzumachen. Eine weitere Sperrung über dreieinhalb ist im November geplant, wenn die Bauarbeiten an der Brücke beginnen. Ob es bei diesen Terminen und Zeiträumen bleibt, konnte die Bahn bei der Bürgerinformation nicht sagen. Die Details würden noch mit der Stadt abgestimmt. „Wir wollen den Verkehr weitgehend aufrechterhalten“, betonte Maurice Wolf. Deshalb werden unter dem Baugerüst an den beiden Brückenteilen vorübergehende Tunnel für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer errichtet. Bis Mitte 2026 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Bahnstrecke nach Wesel wird 80 Wochen lang gesperrt

Neben den Brückenarbeiten finden in Wesel von Mitte Mai bis Mitte Juni zudem Kampfmittelsondierungen, Oberleitungsarbeiten sowie Kabelarbeiten statt. Anschließend können sich Pendlerinnen und Pendler hier noch mal auf vier normale Monate im Zugverkehr freuen. Ab November geht der Betuwe-Ausbau dann allerdings in die Phase mit den bisher größten Einschränkungen – insgesamt ist die Sperrpause auf 80 Wochen angesetzt.

In diesem Zeitraum ist die Strecke 16 Mal komplett gesperrt, diese Phasen dauern mal nur ein Wochenende, im Extremfall sind es zwei Monate. In der übrigen Zeit fahren die Züge zwischen Wesel und Friedrichsfeld nur auf einem Gleis. „Die Kapazität auf der Strecke wird dadurch deutlich geringer“, sagte Projektleiter Tobias Ott von der Deutschen Bahn. Lediglich der RE19 fährt dann bis Wesel und weiter nach Emmerich oder Bocholt, der RE5 und der RE49 werden an einem neu errichteten Ersatzhaltepunkte in Friedrichsfeld enden. Zwischen Friedrichsfeld und Wesel will der VRR deshalb während der anderthalb Jahre einen durchgehenden Schienenersatzverkehr mit Bussen beauftragen.

Weitere Informationen

Die Deutsche Bahn stellt bei dem Informationstermin auch Detailplanungen zum Schallschutz in Wesel vor. Im Stadtgebiet werden insgesamt 12,3 Kilometer Schallschutzwände errichtet, die bis zu fünf Meter hoch sind. Die Wände sollen in weiten Teilen in einem grünen Farbverlauf gestaltet werden, dem hatte der Weseler Stadtrat zugestimmt.

Interessant dürften für Weselerinnen und Weseler zudem auch die Baumaßnahmen in Friedrichsfeld sein. Derzeit laufen dort schon die ersten Arbeiten für einen provisorischen Bahnhof, denn der bestehende Haltepunkt an der Poststraße wird umgebaut. Im November soll der Bahnsteig, der sich an der Straße „Am Industriepark“ befindet, dann fertiggestellt werden, damit er während der eingleisigen Phase von den Zügen angesteuert werden kann. RE5 und RE49 werden dann hier wenden. Weitere Informationen zum Betuwe-Ausbau finden sich unter www.emmerich-oberhausen.de.