Dinslaken. Mehrere Mieterinnen des Mehrgenerationenhauses gaben ihr Eigenheim mit Garten ab. Und bereuen nichts. Wohnbau ist offen für weitere Projekte.
Ein Haus mit Garten – davon träumen viele Menschen in Dinslaken. Marianne Lauhof hat genau das aufgegeben – zugunsten einer Mietwohnung. Einer ganz besonderen Mietwohnung. Marianne Lauhof wohnt im ersten Mehrgenerationenhaus in Dinslaken – gemeinsam mit 25 anderen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Berufe und Lebenssituationen zwischen 6 und 70 Jahren.
„Die Lebenssituation mit Kind und Kegel in so einem Haus war natürlich ideal“, erzählt sie. „Aber nachdem die Kinder groß waren und ausgezogen sind, war das natürlich viel zu groß.“ Seniorenwohnen oder eine normale Mietwohnung – das kam für sie und ihren inzwischen verstorbenen Mann nicht in Frage. Marianne Lauhof hatte sich schon mehrfach alternative Wohnformen in der Region angesehen. „Allerdings gab es in Dinslaken so etwas nicht. Wir wollten aber auf alle Fälle in ein Haus ziehen, in dem wir in guter Nachbarschaft leben“, erinnert sich Marianne Lauhof. Also fasste sie sich ein Herz – und gründete mit anderen den Verein GeparDIN: „Gemeinsam partnerschaftlich leben und wohnen in Dinslaken“.
Gemeinsam mit der Wohnbau realisierte der Verein das erste und bislang einzige Mehrgenerationen-Wohnprojekt in Dinslaken: zwei Häuser an der Helenenstraße mit zwölf öffentlich geförderten Wohnungen zwischen 47 und 82 Quadratmetern und sieben frei finanzierten Wohnungen zwischen 62 und 112 Quadratmetern (Miete: 8,50 Euro pro Quadratmeter).
Gerda Schäfer ist ebenfalls Mieterin der ersten Stunde. Auch sie hat zuvor im Eigenheim gelebt. Als die Kinder ausgezogen sind, hat sie es einer der Töchter übergeben. „Das Haus war mir zu groß, zu viel Arbeit, meine Tochter ist da besser aufgehoben mit der Familie“, erklärt Gerda Schäfer: „Sie hat mehr Platz – und ich habe nicht mehr so viel Arbeit“, sagt sie und lacht.
Regeln des Zusammenlebens
Eine Magnettafel an der Wand im Gemeinschaftsraum des Mehrgenerationenhauses belegt, dass mit der neuen Wohnung auch eine Gemeinschaft kam. Eine, die näher ist als die übliche Nachbarschaft. Auf bunten Zetteln an der Tafel sind die Regeln des Zusammenlebens festgehalten: „Kommunikationsbereitschaft und das Bemühen um Konsens“ etwa. Oder „Respektieren unterschiedlicher Lebensstile“, „Gegenseitige Hilfe und Unterstützung unter Beachtung der Autonomie der Einzelnen“.
Im Alltag bedeutet das: Einmal im Monat gibt es ein gemeinsames Treffen, an dem die Bewohner teilnehmen sollten. Auch gibt es Aktionstage, an denen die Mieter Gemeinschaftsaufgaben übernehmen – je nach Vorliebe. Die einen putzen lieber den Gemeinschaftsraum, andere kümmern sich um die Kräuter- und Gemüsebeete im Gemeinschaftsgarten. Ein riesengroßer Rosmarin und eine reiche Kartoffelernte zeugen davon, dass das klappt. Gegenseitige Hilfe – das bedeutet Unterstützung im Alltag. „Aber wir wollen nicht in die Situation kommen, eine persönliche, individuelle Pflege zu leisten“, betont Marianne Lauhof. Insgesamt gehe es um ein „ausgewogenes Verhältnis von Nähe und Distanz“. Auch dieser Zettel hängt an der Tafel im Gemeinschaftsraum.
Und auch das funktioniert. Die Bewohner – dazu gehört auch von Anfang an ein Geflüchteter und seit geraumer Zeit eine ukrainische Familie – unternehmen auch in der Freizeit viel miteinander. Gemeinsame Ausflüge etwa – kommende Woche geht’s nach Oberhausen ins LVR-Industriemuseum – gemeinsame Frühstücke, Hobbygruppen. In den vier Jahren ist nur eine Mietpartei ausgezogen – wegen eines neuen Jobs in einer anderen Stadt. Derzeit ist keine Wohnung frei.
Perspektive Trabrennbahn
Der Verein gibt gerne Infos weiter an Bürger, die ebenfalls ein solches Projekt gründen wollen. Gelegenheit besteht auf der Trabrennbahn: Im neuen Wohnquartier soll es auch alternative Wohnformen geben. Die Wohnbau, so sagt Prokurist Guido Matzken, würde ein solches Projekt sehr gerne wieder begleiten. Wenn sich eine Gruppe zusammenfinde – es müsse sich nicht um einen Verein handeln – könne diese sich gerne bei der Wohnbau melden, so Matzken.
Zwar sei die Anfangsphase beim Bau des Mehrgenerationenhauses aufwändiger gewesen als bei anderen Neubauten – „dafür haben wir seit dem Einzug unserer lieben Mieter aber auch nichts mehr gehört,“ sagt er. Probleme mit der Hausordnung und ähnliches – das werde vor Ort geregelt. Nur mit einem Wunsch seien die Mieter an die Wohnbau herangetreten: Sie wollten eine Photovoltaikanlage haben. Gemeinsam mit den Stadtwerken wurde das Mieterstrommodell umgesetzt – auch das eine Premiere: Es handele sich, so Matzken, um das erste seiner Art in Dinslaken, das im Bestand errichtet wurde.
>>Infotreffen
Am 25. Januar 2024, 18 Uhr (Helenenstraße 5), ist ein Infotreffen für Interessierte angesetzt – falls doch mal eine Wohnung frei wird. Einziehen darf nur, wer einem Kennenlernprozess zustimmt. Infos: gepardin.de.