Kreis Wesel. Der Klimawandel ist nur eine Herausforderung für die Landwirte im Kreis Wesel. Worauf sie sich einstellen können – und worauf nicht.
Kaum eine Branche ist so abhängig vom Wetter wie die Landwirtschaft. Manchmal reicht schon ein heftiger Sturm, um die Arbeit von Wochen innerhalb weniger Minuten zu vernichten. Weil durch den Klimawandel die extremen Wetterlagen immer häufiger werden, gehört die Anpassung daran zu den größten Aufgaben der Bauern im Kreis Wesel – selbst wenn die Auswirkungen des Klimawandels in anderen Regionen Europas oder Deutschlands noch heftiger ausfallen dürften.
Wie extrem die Sommer am Niederrhein sein können, hat sich im vergangenen Jahr gezeigt. Wochenlang herrschte große Trockenheit, Gewässer fielen trocken, der Rheinpegel sank auf einen historischen Niedrigwasserrekord. Auch wenn sich in diesem Jahr der Juli deutlich nasser (man könnte auch sagen wie ein deutscher Durchschnittssommer) präsentiert und die Lage zumindest hier nicht so dramatisch ist wie 2022: Auf regelmäßige und noch länger anhaltende Dürreperioden müssen sich Landwirtinnen und Landwirte einstellen.
Professor: „Trockenheit ist eine der großen Herausforderungen“
„Die Trockenheit ist eine der großen Herausforderungen“, sagt Professor Matthias Kleinke von der Hochschule Rhein-Waal. Immerhin können sich Bauern auf Dürre deutlich besser einstellen als auf Starkregen – denn der tritt nicht nur häufig lokal begrenzt auf, Felder lassen sich auch schlecht überdachen. „Bei Dürren wird es in Zukunft vor allem auf das Wassermanagement ankommen“, sagt Kleinke. Heißt: Wie lässt sich Wasser speichern, um es erst zu nutzen, wenn es gebraucht wird?
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Wo für die Bewässerung im heimischen Garten eine 3000-Liter-Regenwasserzisterne ausreicht, ist die Größenordnung in der Landwirtschaft eine ganz andere. Große Felder brauchen nun mal viel Wasser. Wer zum Beispiel künstliche Gewässer für die Speicherung anlegen möchte, darf das Risiko für größere Investitionen nicht scheuen. „Davor steht dann für den einzelnen Landwirt immer die Frage: Lohnt sich das?“, betont Kleinke.
Landwirtschaftskammer: Immer noch günstige Bedingungen
Die Landwirtschaftskammer sieht nicht nur den Klimawandel als Herausforderung für die Landwirte im Kreis, sondern auch die Unwägbarkeiten durch den Ukrainekrieg, Inflation und Preispolitik stellen viele vor Probleme. In Sachen Klima biete die Region immer noch günstige Bedingungen, so Franz-Josef Stork (Geschäftsführer) und Klaus Theobald (Pflanzenbauberater) von der Kreisstelle Wesel und Kleve der Landwirtschaftskammer. Nichtsdestotrotz nehmen die Bauern die Veränderungen ernst.
„Die Landwirte versuchen, das Risiko zu reduzieren, indem sie auf mehr Kulturen setzen“, schildert Klaus Theobald seinen Eindruck, etwa Kulturen, die in ihrer Hauptwachstumszeit nicht so hohe Ansprüche an die Wasserversorgung stellen – „statt Sommerackerbohnen zum Beispiel Winterackerbohnen“, um noch von der Feuchtigkeit zu profitieren.
Wer sich als Laie auf den Feldern umschaut, wird jedoch erstmal keine großen Veränderungen feststellen. Die Landwirte würden aber mitunter erfinderisch: „Vielleicht probiert einer mal Quinoa aus“, sagt Stork. Die Pflanze kommt ursprünglich aus Südamerika und ist recht anspruchslos. Stork und Theobald ist nicht bekannt, dass Landwirte im Kreis Unterwasserspeicher nutzen, ausschließen wollen sie es aber nicht.
„Wir haben in der Regel einen natürlich großen Grundwasserspeicher“
Beim Wasser sehen Stork und Theobald im Kreis sehr unterschiedliche Voraussetzungen. Vor ein paar Jahren habe sich Trockenheit zum Beispiel im Raum Hamminkeln deutlich stärker ausgewirkt als in anderen Teilen des Kreises. „Für den Futteranbau mit Mais und Gras sehr herausfordernd“, so Stork, der sich an das trockene Landschaftsbild noch gut erinnert.
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Es gebe nicht pauschal ein Grundwasserproblem in der Region, stellen sie fest. Die Ausprägung als Tieflandregion sowie hohe Regenmengen im Unterschied zu anderen Gebieten in Deutschland: „Wir haben in der Regel einen natürlich großen Grundwasserspeicher“, sagt Klaus Theobald.
Zudem bestehe ein enger Austausch mit der Wasserwirtschaft. Trotzdem wünschten sie sich auch hier weniger Versiegelung, denn: „Überall, wo Ackerflächen durch Versiegelung verdichtet werden, wird die Grundwasserbildung eingeschränkt“, so Stork.