Wie ein Adelssitz thront das ehemalige Verwaltungsgebäude von Friedrich der Große an der Albert-Klein-Straße

Hochherrschaftlich und imposant, aber auch kühl und unnahbar thront der ehemalige Verwaltungssitz der Zeche Friedrich der Große an der Albert-Klein-Straße in Horsthausen. Flankiert vom ehemaligen Pförtnerhaus auf der linken und der ehemaligen Hausmeisterwohnung auf der rechten Seite führt die von knorrigen Platanen gesäumte Zufahrt schnurgerade auf das Gebäude zu - wie auf einen barocken Adelssitz. Und so etwas ähnliches war er ja auch, als dort ungefähr 50 Jahre lang die Zechenbarone residierten, deren Spuren auch heute noch deutlich im Haus zu erkennen sind - obwohl dort in den vergangenen fast 40 Jahren ein anderer Geist herrschte, nachdem 1970 das Kreiskirchenamt eingezogen war.

Im Originalzustand erhalten: Der Sitzuungssaal in der ersten Etage. Foto: WAZ, Horst Müller
Im Originalzustand erhalten: Der Sitzuungssaal in der ersten Etage. Foto: WAZ, Horst Müller © WAZ

Im Oktober 2007 ist nun wiederum auch das Kreiskirchenamt ausgezogen, und seitdem steht das denkmalgeschützte Gebäude leer. Saniert müsste es werden und vor allem - aus seiner Schieflage raus. Ganz wörtlich. Denn das Gebäude ist über eine Länge von 25 Metern deutlich spürbare 125 Zentimeter Richtung Norden gekippt, mit einer leichten Rechtsdrehung dazu. Nichts für Besucher, die zu Schwindel und Gleichgewichtsproblemen neigen. „Wenn man hier durchs Haus geht, hat man immer ein Gefühl, als hätte man ein Schnäpschen getrunken”, schmunzelt Annette Lewandowski von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Herne.

Strikte Symmetrie eingehalten

Wann die ehemalige Verwaltung von Friedrich der Große in ihre Schieflage kam, wissen weder sie noch Arnd Röbbelen, Pressereferent des evangelischen Kirchenkreises Herne/Castrop-Rauxel, zu beantworten. Dabei hat das Gebäude noch „Glück” gehabt: Es hat sich im Ganzen zu einer Seite gesenkt, ohne dass es Wände und Böden zerrissen hätte, wie es so vielen anderen Häusern im Ruhrgebiet geschehen ist. Die unmittelbar benachbarte Josefskirche musste Anfang der 80er-Jahre sogar abgerissen werden, weil sich der Turm so stark neigte, dass er auf die Roonstraße zu stürzen drohte.

Als der Architekt Oskar Schwer aus Essen, der übrigens auch die Siedlung Oberdorstfeld in Dortmund entworfen hat, 1914 die Pläne für die FdG-Verwaltung entwickelte, hat er an solche Kalamitäten sicher nicht gedacht. So war es auch nicht der Bergbau, sondern der Erste Weltkrieg, der die Umsetzung verzögerte. Oskar Schwer gestaltete die Anlage mit charakteristischen Barockelementen: die durch Pilaster streng gegliederte Fassade, der Dreiecksgiebel über dem leichten Vorsprung, die strikte Spiegelsymmetrie, die der Architekt allerdings an einer entscheidenden Stelle durchbrach - er legte den Eingang nicht zentral in der Mitte an, sondern deutlich versetzt auf der rechten Seite. Erst Ende der 20er Jahre entschloss man sich, diese Eigenwilligkeit rückgängig zu machen und den Haupteingang exakt in die Mitte des Gebäudes zu verlegen.

Zu dieser Zeit wurde auch der umgebende Park in eine barocke Anlage umgestaltet, mit einem großen Rondell vor dem Haupteingang und ebenfalls streng symmetrisch geführten Wegen und spiegelgleichen Beeten. Auch wenn sie heute überwuchert ist: Die ursprüngliche Parkanlage ist noch komplett erhalten und steht ebenfalls unter Denkmalschutz.

Innen setzt sich das repräsentative Erscheinungsbild nahtlos fort mit der an eine Kathedrale erinnernden Gewölbedecke im Erdgeschoss, den massiven, dunkel gebeizten, eichenen Türen, den Heizungsverkleidungen aus Holz und den Schrankeinbauten. In der ersten Etage befindet sich das eindrucksvolle Sitzungszimmer mit seinen originalen Wandvertäfelungen und der ebenfalls originalen rostbraunen textilen Wandbespannung. Den Raum erhellen Messingkronleuchter, verziert mit dem preußischen Doppeladler. Ein einzelner, noch größerer Kronleuchter hängt im ehemaligen Direktorenzimmer, das sich, verbunden durch zwei Vorräume für das Sekretariat, an den Sitzungsraum anschließt. Im rundum mit Holzvertäfelungen und Einbauschränken ausgestatteten Chefzimmer befindet sich auch noch das legendäre „Cognac-Schränkchen”, um das sich nicht nur aus Bergbauzeiten die ein und andere Anekdote rankt.

Das Ensemble als Ganzes erhalten

Die Aufnahme des Verwaltungsgebäudes, des Pförtnerhäuschens und der Parkanlage in die Denkmalliste begründet die Stadt mit städtebaulichen, industriehistorischen und künstlerischen Aspekten. „Die Gebäude selbst sind architektonisch saubere Entwürfe ihrer Zeit, wobei sich in der Gesamtanlage Zeitgeschichte widerspiegelt: Entwurf des Verwaltungsgebäudes direkt vor dem Ersten Weltkrieg, Ausführung vermutlich erst direkt nach Kriegsende, Arrondierung der Anlage erst nach der Inflation und der Ruhrbesetzung, was an den Gebäuden ablesbar ist”, heißt es in dem Eintragungsbescheid.

Über die Zukunft der ehemaligen Hauptverwaltung von Friedrich der Große beziehungsweise des ehemaligen Kreiskirchenamtes ist in letzter Zeit viel diskutiert worden (die WAZ berichtete). „Eine Altenwohnanlage wäre ideal”, sagt Arnd Röbbelen stellvertretend für den Eigentümer, den Kirchenkreis. Auch Verwaltung und Politik möchte das Ensemble als Ganzes erhalten. Die Denkmalbehörde und das Planungsamt haben signalisiert, interessierten Investoren entgegen kommen zu wollen und eine gemäßigte Bebauung zur Luisenstraße hin oder im hinteren Bereich des Grundstücks zustimmen zu können - als Ausgleich für die Sanierungskosten des Verwaltungsgebäudes. „Das ist jedenfalls besser, als das Denkmal aufgeben zu müssen”, sagt Annette Lewandowski. Denn von der einst bedeutenden Zeche ist fast nichts geblieben - außer der beiden Direktorenvillen an der Luisenstraße, einer Gedenkstätte auf dem Horsthauser Friedhof und eben dem Verwaltungssitz.