Wanne-Eickel. . Für Jahrzehnte prägte die riesige Anlage der Hülsmann-Brauerei den Ortskern von Eickel. Schon 1692 wurde dort Bier gebraut. Der Aufschwung setzte mit der Industrialisierung ein. In den 80er Jahren bekam Hülsmann finanzielle Probleme, 1989 kam das Aus. Die Stadt kaufte das Gelände. Es begann eine neue Geschichte.
Nichts hat den Eickeler Ortskern Jahrzehnte lang so sehr geprägt wie die imposante Anlage der Hülsmann-Brauerei in unmittelbarer Nachbarschaft zum Eickeler Markt, zur Hauptstraße und zur Johannes-Kirche. Und auch heute noch macht das mächtige Sud- und Treberhaus, das als einziges übrig geblieben ist, Eindruck.
Bier gebraut wurde in Eickel vermutlich schon seit Anfang des 16. Jahrhunderts, allerdings nur für den Eigenbedarf. Die Braustätte „Markmanns Kotten“, das Stammhaus der späteren Hülsmann-Brauerei, wird urkundlich 1692 zum ersten Mal erwähnt. 1789 vergrößerte Johann Heinrich Markmann seinen Betrieb und stellte den ersten Burschen ein. Mit Pferd und Wagen wurde das Bier ausgefahren. Als das Kötterhaus zu klein wurde, baute man an seiner Stelle ein neues Fachwerkhaus, das bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg genutzt wurde.
100 000 Hektoliter im Jahr 1900
Nach dem Tod von Georg Heinrich Diedrich Markmann, der letzte Träger dieses Namens aus der Familie, heiratete seine Witwe und Alleinerbin Luise in zweiter Ehe 1852 Heinrich Hülsmann, der auch eine Brennerei und eine Likörfabrik besaß. Die „Hülsmann-Brauerei“ war geboren.
Der neue Namensgeber scheint ein geschickter Geschäftsmann gewesen zu sein, der in der beginnenden Industrialisierung die Chance für sein Unternehmen erkannte. Er baute 1869 ein massives Brauhaus mit einem Sudwerk und begründete die erste Dampfbierbrauerei Westfalens. 1900 arbeiteten bereits 70 Mitarbeiter in dem Betrieb, 100 000 Hektoliter wurden in dem Jahr produziert. „Hülsmann hatte außerdem viele Gaststätten, nicht nur in Eickel, auch in der Umgebung“, erzählt der Heimatforscher Heinrich Lührig, der der Brauerei eine ebenso informative wie unterhaltsame und toll bebilderte Homepage (www.brauerei-hülsmann.de) gewidmet hat. „Der Betrieb hatte einen eigenen Pferdestall, Schmiede, Böttcher, einfach alles.“
Während die Brauerei den 1. Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstand, kam es im 2. zu großen Zerstörungen, der Wiederaufbau war mühsam. Nach dem Tod von Werner Hülsmann, der die Brauerei zu einem boomenden Unternehmen formte, wurde die Firma in eine Gesellschaft umgewandelt. Die Witwe Maria Ursula Hülsmann und Geschäftsführer Hermann Müller führten den Betrieb weiter. In den 80er Jahren geriet Hülsmann wie viele Brauereien ins Trudeln, Rettungsversuche durch neue Geschäftsverbindungen schlugen grandios fehl. 1989 war das Ende gekommen. (Quellen: Heinrich Lührig, Stadtarchiv)
Gelände bot für Eickel eine „Jahrhundertchance“
Noch bevor die letzte Flasche Hülsmann-Bier gebraut war, machte sich die Bezirksvertretung Eickel für einen Kauf des Geländes durch die Stadt Herne stark. Für den damaligen Bezirksvorsteher Manfred Eckenbach bot das Areal eine „Jahrhundertchance“, den Eickeler Ortskern städtebaulich neu zu gestalten. Auch die Nutzung als Begegnungs- und Kulturstätte wurde früh favorisiert. Der Rat stimmte einem Kauf zu - koppelte ihn aber an die Bebauung des Geländes mit Sozialwohnungen. Eine frühzeitige Festlegung, die vielen in Eickel nicht schmeckte. Die CDU im Bezirk machte sich für eine Mischform aus sozialem Wohnungsbau, Eigentumswohnungen und Geschäftslokalen stark - vergebens.
Nachdem die Stadt 1990 den Zuschlag für Gelände und Gebäude erhalten hatte, begann 1991der Abriss der nicht denkmalgeschützten Gebäudeteile: Nur das Sud- und Treberhaus blieb stehen. 1992 wurde das Gesamtprojekt in die IBA (Internationale Bauausstellung Emscherpark) aufgenommen.
Architektur war umstritten
1995 fand der erste Spatenstich auf dem 1,2 Hektar großen Gelände statt. 87 Wohnungen, 73 Tiefgaragenplätze und 310 qm Fläche für Büros und Dienstleistungen sind dort entstanden. Umstritten wie die Festlegung auf den sozialen Wohnungsbau war die Architektur: Die Bürger fanden die kastigen Bauten hässlich, die Architekten lobten die „Konsequenz“.
Im Juni 1998 wurde mit großem Bahnhof die „Neue Mitte Eickel“ eingeweiht. Das zum Bürgerzentrum umgebaute Sud- und Treberhaus beherbergte Gaststätte, Bürgersaal, Stadtbücherei, Bürger- und Einwohneramt und verschiedene andere Servicestellen von Sozial- bis Jugendamt. Geblieben ist davon heute, 16 Jahre später, außer Gaststätte und Bürgersaal, nichts mehr. Im „Bürgerzentrum“ ist nur noch der städtische Fachbereich „Schule“ ansässig.