Herne. . Ende der 1980er Jahre fand der gelernte Elektrotechniker Wilhelm Tinnemann zur Kunst. Über die Aquarell- und Ölmalerei kam er an das plastische Gestalten. Inzwischen sind vor allem Skulpturen seine Leidenschaft. WAZ-Mitarbeiter Falko Herlemann hat den Künstler besucht.

Mitten auf dem Rasen steht eine kleine Gruppe von zwei Personen, die sich einander zuwenden. Der weiße Marmor sticht aus dem grünen Gras hervor. Da schaut ein Kopf aus Sandstein zwischen den Blumen hindurch. Ein anderer wird fast von einer Staude überwuchert. Eine schlanke Figur ziert ein Blumenbeet. Wilhelm Tinnemann (74) hat sich in seinem Garten in Sodingen eine kleine Galerie mit seinen Skulpturen geschaffen. „Hier kann ich auch arbeiten“, erklärt er. „Ich mache hier die Feinarbeiten an meinen Marmorskulpturen. Alles andere wäre zu laut für die Nachbarn.“ Bei Unna hat er noch ein Atelier „fürs Grobe“. In seinem Garten dient ein alter Hühnerstall als Lager für Steine und Hölzer.

Wilhelm Tinnemann ist Ende der 1980er Jahre während eines Urlaubs auf Sylt zur Kunst gekommen. Ein Aquarellkurs hat sein Interesse an der Malerei geweckt, weitere Kurse in Ölmalerei und Radiertechniken folgten.

Dann entdeckte Tinnemann die plastische Gestaltung. Nach Speckstein, Holz und Sandstein begann er auch mit Marmor zu arbeiten. Für seine Skulpturen fertigt er zunächst Skizzen an. Dann entstehen oft erst Modelle aus Ton, bevor Tinnemann beginnt, den harten Stein zu bearbeiten. „Nur so bekomme ich ein Gespür für die Formen.“ Denn die müssen sitzen, erklärt er, wenn er fast zärtlich über seine Figuren streicht.

Weibliche Formen

Bei seinen Skulpturen arbeitet er meistens figürlich. Oft sind es weibliche Figuren in beinahe klassischen Posen, naturalistisch geformt mit leichten Abstraktionen, wobei ihm die ausgewogene Komposition wichtig ist. Wilhelm Tinnemann ist auch Maler. In seinem Atelier für die Malerei steht die Staffelei, in einem Schrank sind Malmaterialien verstaut. An den Wänden hängen Bilder aus unterschiedlichen Phasen seiner künstlerischen Entwicklung. Da gibt es gegenstandslose Bilder mit rauen Oberflächen. In seinen Blütenbildern wird die Malerei mit grafischen Linien unterstützt, die er mit Kreiden gezeichnet hat.

Im Augenblick arbeitet er an einer Reihe von Bildern mit Motiven aus der Toskana. Eine Landschaft mit einem alten Haus ist fast fertig. Bilder mit Wasser und Meer sind geplant. Mit seinen Arbeiten will er „Brücken schlagen und dem Betrachter Freude bereiten.“

Wilhelm Tinnemann hat regelmäßig an den Jahresausstellungen des Herner Künstlerbundes teilgenommen. Seine Werke waren auch bei den Ausstellungen „Starke Orte“ im Sodinger Bunker, „Wasser“ in den Flottmann-Hallen oder „Nachlese“ in der VHS-Galerie zu sehen.

In der Alten Druckerei stellte er 2012 unter dem Titel „déjà vu - schon gesehen“ mit aus. Im November werden seine Werke in der VHS-Galerie in Wanne gezeigt.

Wilhelm Tinnemann ist 1940 in Herne geboren.

Von 1971 bis 2002 war er als Elektrotechniker an der Technischen Universität Dortmund tätig.

Seit Ende der 1980er Jahre beschäftigt er sich intensiv mit Malerei und Bildhauerei. Mitglied im Herner Künstlerbund wurde er 1995.

An Grundschulen in Herne und Dortmund hat Wilhelm Tinnemann in den vergangenen Jahren auch kunstpädagogische Aktionen durchgeführt.