Herne. . Der Mondpalast öffnet seine Pforten - und die WAZ-Leser sind dabei. Prinzipal Christian Stratmann gewährt einen Blick hinter die Kulissen des Wanne-Eickeler Volkstheaters. Seine Infos zum Theater und zu seinem Leben begeistern die Teilnehmer. Gemeinsamer Tenor: Der Mann ist authentisch.

„Hallo und guten Tag“ – die persönliche Begrüßung ist bei Prinzipal Christian Stratmann ein Muss, Herzlichkeit im Mondpalast Trumpf. „Eigentlich gibt’s hier gar nicht so viel zu gucken“, untertreibt Stratmann zu Beginn der Führung für die WAZ-Leser durch sein Theaterreich. Und ergänzt: „Unser Theatersaal ist das Wichtigste, da dreht sich alles drum.“

Dann öffnet der 63-Jährige noch ganz andere Türen. Türen ohne Klinken, Türen, die zu seinem Leben, zu seinem Herzen führen. Einfach um zu zeigen, wie das Ruhrgebietstheater an der Wilhelmstraße in Wanne-Eickel zu dem wurde, was es heute ist: ein Volkstheater der guten Laune. Die WAZ-Gruppe muss Stratmann dabei gar nicht erst überzeugen. Er hat sie im Sack, bevor es losgeht.

Schon vor der Kaffee- und Kuchenrunde schallt ihm ein vielstimmiges „Jaaa“ entgegen, als er sagt: „Ich glaube, ich habe sie alle schon im Mondpalast von Wanne-Eickel gesehen.“ Sofort fliegt ihm für den Stadtnamen ein weiteres Kusskärtchen zu. „Schön, dass sie Wanne-Eickel sagen“, lobt Petra Steuter (62).“ Stratmann antwortet bescheiden in der dritten Person: „Er hat es gelernt.“

Keine Lehre, kein Studium, nichts

Was er nicht gelernt hat, lässt Stratmann als Lacher los. „Keine Lehre, kein Studium, nichts. Eigentlich ganz furchtbar, aber ich leide nicht darunter“, kommt’s charmant rüber. Wohl kein Wunder, denn: „Ich bin das neunte Kind, da bleibt nicht viel hängen“, gewährt der Prinzipal einen launigen Rückblick und verblüfft mit entwaffnender Ehrlichkeit: „Die einzige Prüfung, die ich bestanden habe, war der Führerschein.“

Doch es wird klar, dass sich hinterm lustigen Plauscher kein Hallodri oder gar Schaumschläger verbirgt. Dann gäbe es den Mondpalast nicht. Es sind andere Qualitäten, die Stratmann ganz nach vorne brachten. Er ist ein Querdenker, so richtig mit Schmackes, deshalb war er auch lange bei einem Hamburger Verlag in Führungsposition tätig. „Schwierige Situationen habe ich immer mit Humor gelöst.“ Einfaches liegt ihm nicht, das findet er langweilig.

Wanne-Eickel ist eine Marke

Also los, warum nicht Ruhrgebiets-Volkstheater machen? Das wurde zu seinem Ziel, gab’s nämlich noch nicht. Was Millowitsch und Ohnesorg können, das kann er auch. Ein festes Ensemble bedient nun seit zehn Jahren Ruhrgebietsklischees wie Taubenzüchter, Bergmann, Kneipenwirt oder Fußballfan. Hinzu kommt: Wanne-Eickel war für ihn schon immer eine Marke: „Gehen Sie nach New York, die kennen das.“ Als ihm die Stadt damals den alten Saalbau anbot – „mietfrei, die Betriebskosten trage ich“ – griff er zu. Die 70er-Jahre-Ausstattung mag er mittlerweile. „Schauen Sie, hier oben, die Dalli-Dalli-Decke. Da sieht man ihn schon förmlich springen.“

Längst ist die WAZ-Gruppe nun im Mondpalast unterwegs, staunt über die engen Katakomben, in denen sich die Künstler umziehen und schminken. Eher klein finden einige die Theaterbühne, die doch vom Zuschauerraum – knapp 500 passen rein, 56 000 Gäste kommen im Jahr, besuchen 140 Vorstellungen – so groß und tief aussieht. Natürlich darf das Bühnenbild zur „Wilden Rita“, das Kulissenschmied Mathias Handrick in Räumlichkeiten, die auf der anderen Straßenseite liegen, liebevoll herstellt, angefasst und bestaunt werden.

Und dann kommt gerade wegen der Heimatliebe der Gäste doch noch etwas wie Empörung auf, Wut über die Arroganz der TV-Mächtigen. „Warum eigentlich bringt der WDR nicht eins der Mondpalast-Stücke“, fragt Petra Steuter energisch, erntet vielfaches Kopfnicken und meint damit: Die haben’s doch wohl wirklich verdient. „Ja“, findet Angelika Braunsberger (62), „viele würden sich freuen, so etwas zu Hause zu sehen.“ Stratmann hält inne, senkt die Schultern: „Ich habe alles versucht, mit Unterhaltungschefs gesprochen. Doch die Welt des WDR ist Köln. Wären wir dort, wäre es längst passiert.“