Im Irak stirbt eine Kirche. Das sagt Martin Domke, Leiter des Eine Welt Zentrum Herne, in einem Gastbeitrag.Der Pfarrer kritisiert die Gräueltaten von Islamisten in Mossul/Irak an Christen und bittet um Anteilnahme der Deutschen.

Sonntagnachmittag, 20. Juli 2014. Im Fernsehen laufen Filme über Stauffenberg und den Widerstand gegen Hitler. Der Bundespräsident redet. Kein Hinweis auf die gegenwärtige Lage im Nahen Osten.

Im Irak geht zur gleichen Zeit eine über 1600 Jahre alte Geschichte zu Ende: Die letzten Christen haben ihre traditionsreiche Stadt Mossul verlassen, die vielen von ihnen über Jahrhunderte als Heimat diente. Kirchen wurden geschändet und geplündert, Menschen zu zig-Tausenden vertrieben. An diesem Nachmittag wird auch das Mar-Bahnam-Kloster von jenen Verbrechern eingenommen, die jetzt ihre Version vom „Gottesstaat“ ausgerufen haben, ein Kalifat. Es war eines der letzten „heiligen“ Gebäude, die die terroristischen Banden einnahmen und schändeten.

Es ist merkwürdig, wie wenig diese Gräueltaten in der gegenwärtigen Welle der Gewalt im Nahen Osten überhaupt zu Gehör gebracht werden. Patriarch Sako der Chaldäisch-katholischen Kirche: „Fußball interessiert dort (im Westen) mehr als die Lage hier oder in Syrien. Die westliche Politik folgt nur wirtschaftlichen Interessen“. Auf der Homepage der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war bis zum 22. Juli nichts über diese Vorgänge zu lesen.

Der neue israelische Krieg im Gazastreifen steht in den Nachrichten zurecht ganz oben. Doch hier stirbt eine Kirche, durch islamistischen Terror hört sie endgültig auf zu existieren. Das Ganze gehört zu derselben unheilvollen Geschichte der vergangenen Jahre. Darin spielen die „christlichen“ USA eine herausragende Rolle.

Folge des Irak-Kriegs

Hintergrund des Krieges im Irak ist die zerfallende Machtstruktur im Land. Sie ist offensichtlich auch eine Folge des Krieges, den Georg W. Bush 2003 gegen Saddam Hussein begann, gegen alle Regeln des Völkerrechts, ohne Rücksicht auf alle Warnungen, ja ohne jedwede Vernunft, mit klaren Falsch-Informationen, allein in dem Bewusstsein, die „Achse des Bösen“ zerstören zu müssen. Die Gedankengebäude des damaligen amerikanischen Präsidenten und der heutigen Terrorgruppen im Irak ähneln sich auf fast unheimliche Weise.

Leiter seit 2002

Martin Domke ist seit 2002 Leiter des Eine Welt Zentrum Herne. Schwerpunkt der Anlaufstelle der Evangelischen Kirche ist die Menschenrechtsarbeit und der Faire Handel. Domke, auch Regionalpfarrer für Ökumene und kirchliche Weltverantwortung sowie Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen, ist 58 Jahre alt.

Auf der Internetseite des Eine Welt Zentrum unter www.ewz-herne.de finden sich unter anderem auch die Ansprechpartner für die einzelnen Arbeitsbereiche des Zentrums von der Overwegstraße 31.

Nicht zuletzt werden auf der Internetseite wöchentlich wechselnde Fürbitten veröffentlicht, die aktuelle befasst sich mit dem Thema Christenverfolgung im Irak. Sie trägt den Titel „Gewaltsames Ende der Christlichen Gemeinden in Mossul, Irak“.

Unter Saddam Hussein lebten im Irak über 1,2 Millionen Christen. Es war ein laizistischer Staat und Hussein ein Diktator, auf alle Fälle, und hat übelste Menschenrechtsverletzungen begangen. Doch Krieg gegen ihn zu führen bedeutete schon 2003 Krieg gegen das irakische Volk. Jetzt hinterlassen die USA ein vorhersehbares Machtvakuum, in dem sich religiöser Terrorismus unkontrolliert austoben kann.

Heute sind nur noch wenige hunderttausend Christen im Land, die meisten in Kurdistan im Norden oder sonst wo in der Welt, die Angst der Menschen im Rest des Landes bleibt. Der Irak zerfällt in einen schiitischen, sunnitischen und möglicherweise in einen kurdischen Teil. Es besteht kaum noch Hoffnung, dass dieser Staat unter den gegenwärtigen Bedingungen weiter als ein gemeinsames Land weiter existiert.

Politiker anschreiben

Was können wir tun? „Betet für uns“, so bitten übereinstimmend die Bischöfe und Patriarchen aller Kirchen. Um anzufügen: „Und macht endlich Eure Politiker auf diese Katastrophe aufmerksam“. Beides sollten wir tun. Auf der Homepage des Eine Welt Zentrums Herne ist ein Gebet anlässlich des Endes der christlichen Kirchen in Mossul zu finden. Und die Politiker zu Hause – wir können sie alle anschreiben und sie auffordern, sich einzubringen. Wenigstens das sind wir den christlichen Kirchen im Irak schuldig.