Zwei Wochen lang hielt sich Prof. Dr. Wilfried Wetzel in Usbekistan auf, um in einer privaten Augenklinik in Namangan seine Kollegen bei der Arbeit zu unterstützen. Vermittelt wurde der Einsatz durch den Senior Expert Service, für den der 72-jährige Herner schon öfter unterwegs war.

Die Patienten kamen eigens in die Klinik nach Namangan, der zweitgrößten Stadt Usbekistans: sie wussten, dass ein deutscher Augenarzt da sein würde, der sie untersucht und seine Kollegen vor Ort bei der Behandlung unterstützt. „Deutschland“, so Prof. Dr. Wilfried Wetzel, „genießt in Usbekistan ein sehr hohes Ansehen.“ Zwei Wochen hielt sich der Herner Augenarzt dort auf - einmal mehr im Einsatz für SES, den Senior Expert Service, über dessen Vermittlung er auch schon zum Beispiel in Äthiopien und China arbeitete.

Etwa 150 Patienten werden täglich in der privaten Klinik in Namangan behandelt, 70 bis 80 davon hat sich der 72-jährige Herner angesehen. Dazu gehörte auch der vierjährige Sohn des Klinikleiters, der seinen deutschen Kollegen um eine Zweitmeinung bat. Er konnte ihm aber nichts anderes sagen als das, was der Vater selbst diagnostiziert hatte: Der kleine Junge hat das so genannte „Augenzittern“ und deshalb nur ein Sehvermögen von 70 bis 80 Prozent. „Machen kann man nichts“, bedauert Prof. Wetzel, „das ist eine neurologische Krankheit.“

Behandlung scheitert oft am Geld

Häufiger als an medizinischen Grenzen scheitere die Behandlung jedoch an finanziellen. „Es gibt in Usbekistan keine Krankenversicherung“, berichtet Prof. Wetzel, „die Patienten müssen eine Pauschale zahlen für die Behandlung und die Operation.“ Was sich aber viele nicht leisten könnten: „Es ist sehr frustrierend, dass Behandlungen am Geld scheitern.“ Nicht selten kommen Betroffene so spät zur Untersuchung und Behandlung, dass ihnen nur sehr schlecht oder gar nicht mehr geholfen werden kann - zum Beispiel, wenn ein Grauer Star so weit fortgeschritten ist, dass sich die Linse in ein steinhartes Gebilde verwandelt hat. Eine Operation, so Prof. Wetzel, sei dann sehr risikoreich, wenn überhaupt noch möglich. Weit verbreitet sei auch der „Grüne Star“: eine Erhöhung des Augeninnendrucks. Bleibt er unbehandelt, führt das zur Zerstörung des Sehnervs und damit zur Erblindung. Viele Jugendliche seien auch von Erbkrankheiten betroffen, die sich an den Augen bemerkbar machten. Angetan war Prof. Wetzel dagegen von dem „toll geschulten Personal“ und der „guten Hygiene“ in der Klinik, wo er auch seinem Kollegen assistierte, der bestimmte Operationsverfahren verbessern wollte.

Eigene medizinische Grundausstattung immer dabei

Seine eigene medizinische Grundausstattung hat Prof. Wetzel immer dabei: Augenspiegel, Lupe, Taschenlampe, was ihm manchmal schon bei Kontrollen an Flughäfen Probleme bereitet hat. Ebenso zu seinem Gepäck gehören Lehrbücher und Bilder, mit deren Hilfe er Sachverhalte erklären kann. Die Verständigung, so Prof. Wetzel, habe in Usbekistan problemlos durch einen Dolmetscher funktioniert, „und unter Ärzten klappt das auch immer über Latein“, schmunzelt der Senior Expert.

Als Gast im Land, nicht als Tourist

Neben der großen Chance, vor Ort Hilfe zur Selbsthilfe leisten zu können, sieht Prof. Wetzel noch einen weiteren Vorteil in der Teilnahme am Senior Expert Service: „Man kommt nicht als Tourist, sondern als Gast. So ergeben sich ganz andere Möglichkeiten, das Land und seine Bewohner kennen zu lernen“, zum Beispiel, wenn der Klinik-Kollege zur Geburtstagsfeier einlädt. . .

Fruchtbar und reich an Bodenschätzen

Prof. Wetzel war im März in Namangan, als die Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad lagen; im Sommer kann es dort extrem heiß werden. Namangan liegt im äußerst fruchtbaren und an Bodenschätzen reichen Ferghana-Tal, in dem fast die Hälfte aller Einwohner Usbekistans lebt. Alexander der Große ließ dort eine Festung bauen, die Mongolen zogen auf ihrem Weg westwärts dort entlang. „Es gibt in Usbekistan wunderschöne Städte und wunderbare Moscheen“, schwärmt Prof. Wetzel.

Seit 1991 ein unabhängiger Staat

Der zentralasiatische Staat gehörte bis 1991 zur Sowjetunion und ist seitdem unabhängig. Landessprache ist usbekisch, ein türkischer Dialekt. Doch auch russisch, so Prof. Wetzel, spreche fast jeder. Auch sein Dolmetscher übersetzte vom Russischen ins Deutsche und umgekehrt. Viele der Ärzte seien außerdem in Russland ausgebildet worden. Neben den russischen Einflüssen hätten sich die Usbeken ihre Eigenheiten erhalten. „An der Kleidung“, so Prof. Wetzel, „lässt sich zum Beispiel der Familienstand und die Herkunftsregion erkennen“.

Der Senior Expert Service (SES) ist eine Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit und eine gemeinnützige GmbH.

Viele Einrichtungen und Bundesministerien unterstützen sie.

Fachleute im Ruhestand erhalten Gelegenheit, ihr Wissen und ihre Erfahrung an Kollegen im Ausland weiterzugeben. Senior Experts sind vor allem in kleinen und mittleren Betrieben, in Berufsbildung und im Gesundheitswesen tätig. Die Altergrenze für die Einsätze liegt bei 72 Jahren. www.ses-bonn.de