Herne. . Der „Schwatte von Datteln“ heißt die neue Komödie im Volkstheater am Wanner Stadtgarten: : ein saftiger Ruhrgebiets-Spaß frei nach Shakespeare. Sigi Domke hat das Stück geschrieben, Thomas Rech führt Regie und das Schauspieler-Ensemble gibt alles. Bei der Vorpremiere fehlte nur einer: Dirk Emmerich.

Der Theater-Super-Gau ereilte den Mondpalast von Wanne-Eickel zwei Tage vor der Premiere: Der Hauptdarsteller erkrankte. Publikumsliebling Dirk Emmerich, der Marcello in der Komödie „Othello, der Schwatte von Datteln“, fiel aus. Und so sahen die Zuschauer der Vorpremiere am Donnerstagabend einen anderen Marcello als erwartet: Andreas Wunnenberg, eigentlich als Markt-Idiot besetzt, hatte nach nur zweitägigem Textstudium die Hauptrolle übernommen und meisterte sie erstaunlich souverän. Das Publikum nahm die Umbesetzung nicht übel und genoss ein amüsantes Stück um Liebe und Intrige.

Zehn Jahre nach der Fußball-Komödie „Ronaldo & Julia“ ließ sich Hausautor Sigi Domke abermals von Shakespeare inspirieren. Was dieser vor 400 Jahren mit „Othello“ als Tragödie um den Mohr von Venedig anlegte, siedelt Domke auf dem Wanner Wochenmarkt der 50er Jahre an. Sein „Schwatter“ ist Sizilianer („Der kommt ‘n bisschen wat nördlich vom Neger“) und er sorgt mit seinen Südfrüchten für Gesprächsstoff zwischen Emmis (Susanne Fernkorn) blauem Fischwagen und den „Schlesischen Miederwaren“ von Olga (Silke Volk-ner). Erstens kann keiner einen „Itaker“ oder „Spaghetti“ gebrauchen, der sich dann zweitens auch noch ruckzuck in Mona (Alma Gildenast) verliebt, die sich unentwegt bürstende Desdemona im Blumenkleid.

Jago stachelt Marcello auf

Als Jago treibt Jakob Goschinsky (großartig hemdsärmelig: Martin Zaik) sein hinterhältiges Spiel: Er weckt Marcellos Eifersucht, so dass dieser wie Othello Mordgelüste entwickelt. Dabei spielt eine Packung Tempotaschentücher eine besondere Rolle. Doch anders als in Venedig geht alles gut aus, dank Emmis Zander, der mit seinem Gestank Tote zum Leben erweckt...

Mathias Handrick hat mit viel Sinn fürs nostalgische Detail ein hinreißendes Bühnenbild gestaltet, das zudem variabel ist. Die Marktszenerie mit den Ständen lässt sich etwa mit einem Dreh in ein Pissoir verwandeln, in dem die Herren der Schöpfung pinkelnd philosophieren. Köstlich auch das Pendant: Olga und Emmi auf dem Örtchen, das so still ist, dass die Damen nicht mehr „können“. Natürlich bietet u.a. diese Kulisse Anlass für allerlei schlüpfrige Scherze, die im Mondpalast nie fehlen. Von subtilerer Komik sind da die Verweise in die Zukunft: Öko-Birnen, Google und Kultur-Zechen wurden erst Jahrzehnte später erfunden. Fazit: Ein schwungvolles Spiel des bewährten Mondpalast-Personals und die Gassenhauer der 50er Jahre von „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“ bis zu „Marina, Marina, Marina“ machen „Othello“ unter der Regie von Thomas Rech in zu einem saftigen Stück Volkstheater.

In weiteren Rollen spielen Heiko Büscher als Boxer Cassius, Ekkehard Eumann als Obsthändler Meinhard Hartmann, Axel Schönnenberg als Monas Vater Walter Mehlig und Ute Schütgens als Shakespeare zitierender Narr.

Dirk Emmerich stand nach Mitteilung des Mondpalastes bei der Premiere wieder auf der Bühne.

Karten: ab 16,50 Euro WAN 588999, Theaterkasse (Wilhelmstr. 26) und www.mondpalast.de.