Ursula Bönnemann erlebte den schrecklichen Bombenangriff auf Unser Fritz mit.Die damals Achtjährige kletterte über Tote, als sie den Schutz-Stollen verließ

Herne. Fast 70 Jahre ist es her, als Ursula Bönnemann die schrecklichsten Tage – und vor allem Nächte – ihres Lebens verbrachte. Im Stadtteil Unser Fritz hockte sie in einem Erdstollen, derweil die alliierten Bomberverbände ihre todbringende Last abwarfen. Die damals Achtjährige erinnert sich bis in kleinste Detail an die Geschehnisse, die so schrecklich waren, dass sie sich regelrecht in ihr Gedächtnis einbrannten.

Jeden Tag Bombenangriffe

„Zuerst kamen die Bomber nur drei-, viermal die Woche, am Ende jeden Tag“, berichtet die 78-Jährige. Sie ist die einzige noch lebende Zeitzeugin des furchtbaren Bombenangriffes am 2. Februar 1945. In der Emscherstraße, wo sie heute noch wohnt, hatte die Zeche Unser Fritz in den Gärten hinter den Häusern Stollen angelegt, mit einer etwa 30 Zentimeter dicken Betonschicht, auf die die Anwohner noch Erde schütteten. „Ich saß ganz vorne im Stollen hinter den Häusern mit den Nummern 188 bis 190. Wir hockten alle in einer Reihe auf einer schmalen Bank, auf der anderen Seite hatten wir unsere Habseligkeiten hingelegt. Wir waren schätzungsweise 40 Männer, Frauen und Kinder, jung und alt“, erinnert sich Ursula Bönnemann. „Wir hatten immer doppelte Kleidung an, den ganzen Tag, weil wir ständig Angst vor neuen Bombenangriffen hatten.“ Sie hatte immer feuchte Taschentücher dabei, wegen der Phosphorbomben, „die verbrannten einem die Haut.“

Zuerst habe es den sogenannten „Voralarm“ gegeben, die Sirenen heulten, am Ende dann schneller, als es „Vollalarm“ gab. „Dann musste man schnell sein“. Die Familie habe ganz vorne im Bunker gesessen. „Dann gab es einen ganz dumpfen Knall, wir wurden hochgehoben, es fiel alles zusammen, und es wurde still.“

„Sieh’ zu, dass du rauskommst’, rief meine mir Mutter zu, und ich kletterte über all die Toten.“ Auch Ursula Bönnemanns Oma war darunter, sie hatte sich schützend über das Kind geworfen und ihr damit das Leben gerettet. „Die meisten Toten waren äußerlich kaum verletzt, die sahen gar nicht verunstaltet aus. Sie waren an der heftigen Druckwelle gestorben“, weiß die Zeitzeugin.

Die traurige Bilanz des Bombentreffers: 17 Menschen kamen um, darunter vier Ehepaare. Ursula Bönnemann erinnert sich noch daran, wie die Toten in der Leichenhalle gewaschen wurden. Die meisten seien in einem Massengrab beerdigt worden - in einfach zusammen gezimmerten Holzkisten. „Nur die Zechenangehörigen, die wurden bevorzugt bestattet. Sie bekamen richtige Särge.“