Herne. . Die Freiwillige Feuerwehr in Herne plagen große Nachwuchssorgen. Auch beim Fahrzeugbestand und den Gerätehäusern bestehe Nachholbedarf. Das machten der alte und der neue Vorsitzende des Stadtfeuerwehrverbandes, Jürgen Schomäker und Arne Begrich, im Gespräch mit der WAZ deutlich.

Wachwechsel beim Herner Stadtverband der Feuerwehr: Nach 21 Jahren hat Gründungsmitglied Jürgen Schomäker aus Altersgründen nicht mehr für den Vorsitz kandidiert, zu seinem Nachfolger ist bei der Jahreshauptversammlung Arne Begrich gewählt worden. WAZ-Redakteurin Gabriele Heimeier sprach mit ihnen über die Aufgaben des Verbandes und die Probleme, die zu meistern sind.

Was ist der Stadtfeuerwehrverband eigentlich?

Schomäker: Er ist eine Plattform für die Feuerwehr, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren und gleichzeitig auch ein Sprachrohr für die Belange der Feuerwehr, nicht nur der Stadt, sondern auch dem Land gegenüber. Wir reden zum Beispiel auch bei der Ausbildung von Führungskräften der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr mit.

Herr Schomäker, Sie haben bei der Jahreshauptversammlung Nachwuchssorgen angesprochen. Schomäker: Wir haben erhebliche Probleme. In den neun Löschzügen der Freiwilligen Feuerwehr in Wanne und Herne sind 177 Männer und Frauen aktiv. Im Feuerwehrbedarfsplan sind 250 vorgesehen. Wir haben keine Ausfallreserve mehr, nichts. Wir gehen auf dem Zahnfleisch.

Woran liegt dieser Personalmangel?

Begrich: Da gibt es viele Gründe. Junge Leute haben heute mehr Ablenkung als früher, z.B. durch mehr spontan nutzbare Freizeitangebote und Internet. Sie merken gar nicht, was sie verpassen.

Schomäker:Es gibt aber auch andere, zum Beispiel manche Gerätehäuser wie das an der Germanenstraße, wo die Löschzüge Süd und Mitte untergebracht sind. Das ist eigentlich eine Garage. Für 40 Leute eine Toilette und eine Dusche, umziehen muss man sich im Flur. Wer will denn da seine Freizeit verbringen? Wenn sich nicht kurzfristig etwas ändert, haben wir noch mehr Personalverlust.

Was könnte Abhilfe schaffen?

Schomäker: Ein Katastrophenschutzzentrum wäre sinnvoll, die Malteser und das DRK haben ja auch Platzprobleme. Aber ob das finanziell machbar ist, ist die Frage. Durch die knappe Personaldecke sind die, die dabei sind, auch häufig im Einsatz - weshalb wiederum Arbeitgeber immer weniger bereit sind, die Leute für die Feuerwehr freizustellen.

Begrich: Es ist aber auch nicht so, dass wir jede Woche einen Einsatz haben und das ganze Leben auf den Kopf gestellt wird.

Schomäker: Wir haben deshalb Wachbereitschaften. In Herne und in Wanne stehen je zwei Löschzuge für den Ersteinsatz parat und sind spätestens innerhalb von 20 Minuten startklar, die zweite Gruppe innerhalb von 30 Minuten. Das haben wir immer noch hingekriegt.

Begrich: Vor allem, weil unsere Leute super motiviert sind!

Nach welchem System gehen Sie bei Einsätzen vor?

Schomäker: Nach Schadenslage und Wichtigkeit. Menschenrettung hat immer Vorrang. Der Ablauf ist generell in der Alarm- und Ausrückordnung geregelt. Wenn beide Wachen der Berufsfeuerwehr raus sind und die Einsätze länger dauern, stehen die Freiwilligen in den Gerätehäusern parat für einen weiteren Einsatz oder verstärken in der Einsatzstelle die Kräfte der Berufswehr.

Ist das denn ohne weiteres möglich?

Begrich: Grundsätzlich werden alle Feuerwehrleute nach einheitlichen Einsatzvorschriften ausgebildet. Auch die Freiwilligen müssen jedes Jahr über die Atemschutz-übungsstrecke und alle drei Jahre zum ärztlichen Check.

Herr Begrich, was haben Sie sich als erstes in ihrem neuen Amt vorgenommen?

Begrich: Ich werde in den nächsten Monaten viel in den einzelnen Abteilungen unterwegs sein, um zu erfahren, wo’s brennt, was es an Bedarf gibt. Außerdem werde ich Kontakt zu Politik und Verwaltung aufnehmen. Es hat ja einige Zeit gedauert, bis die Politik erkannt hat, dass sie unsere Probleme nicht links liegen lassen kann. Neben den Personalproblemen und nicht mehr zumutbaren Gerätehäusern muss auch etwas am Fahrzeugbestand getan werden. Ziel muss sein, den Brandschutz zu sichern, indem wir vorhandene freiwillige Kräfte halten und Neue dazu gewinnen!

Wenn Sie jemanden für die Feuerwehr werben wollen, was sagen sie ihm oder ihr?

Schomäker: Bei uns bekommt man eine qualifizierte Ausbildung, sowohl theoretisch als auch praktisch. Ich konnte früher handwerklich nichts, heute mache ich fast alles selber. Bei uns erlebt man ein tolles Miteinander und hat nicht zuletzt die Möglichkeit, anderen zu helfen.

Begrich: Wir sind eine lockere, offene Truppe, bei der man auch noch was lernen kann und bieten viele Freizeitaktivitäten. Es macht einfach Spaß, dabei zu sein und im Einsatz helfen zu können! Kommen Sie einfach mal vorbei und schauen Sie sich an, wie das bei uns läuft – auch Seiteneinsteiger ohne handwerklichen Background sind herzlich willkommen. Das gilt ausdrücklich auch für Frauen! Schauen Sie mal auf unsere Internetseite www.dein-einsatz.de. Da gibt es jede Menge Informationen.

Fördermitglieder willkommen

Dem Stadtfeuerwehrverband gehören Mitglieder der Berufs-, Freiwilligen- und Werksfeuerwehren an. Fördermitglieder, die die Belange der Feuerwehren finanziell unterstützen, sind willkommen. In Herne gibt es bislang nur ein einziges Fördermitglied.

Der jährliche Mitgliedsbeitrag für aktive Angehörige der Feuerwehr liegt bei 30 Euro.

Jeder der neun Löschzüge in Herne hat noch zusätzlich eine Spezialaufgabe. So sind die Löschzüge Süd und Mitte gefragt, wenn es um ABC-Einsatz geht, Holsterhausen bei Massenanfall von Verletzten, Eickel ist für den Funk zuständig, Baukau und Sodingen, wenn Einsätze per Boot nötig sind.

Übungsabende der Löschzüge finden alle zwei Wochen statt.

Zur Person: Jürgen Schomäker

Jürgen Schomäker ist in Dortmund geboren und lebt seit 1964 in Herne. Er ist 62 Jahre alt und arbeitet als Verwaltungsfachwirt im Schulamt der Stadt Bochum. Seit 1970 ist er bei der Feuerwehr, leistete dort zunächst seinen Ersatzdienst für die Bundeswehr ab und blieb dann dabei. Er gehört dem Löschzug Baukau an. In seine ehrenamtliche Arbeit für die Feuerwehr hat er bislang etwa 600 Stunden pro Jahr investiert. Schomäker gehört zu den Gründungsmitgliedern des Stadtfeuerwehrverbandes Herne, dessen Vorsitzender er 21 Jahre lang war.Er ist verheiratet und hat zwei Kinder; sein Sohn ist in der Feuerwehr aktiv.

Zur Person: Arne Begrich

Arne Begrich ist in Herne-Börnig geboren. Er ist 36 Jahre alt und Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Herne-Mitte. Seine Schwerpunkte: Verkehrs-, Arbeits-, Miet- und Medienrecht. Seit 2004 ist er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und gehört dem Löschzug Baukau an.Freunde, die ebenfalls bei der Feuerwehr sind, haben ihn überzeugt, dort mitzumachen. Auf der Jahreshauptversammlung wurde er zum neuen Vorsitzenden des Stadtfeuerwehrverbandes gewählt. Seine Amtsperiode beträgt fünf Jahre. Eine erneute Kandidatur kann er sich vorstellen. Arne Begrich ist ledig.