Herne. . Die 40-jährige Italienerin aus dem Veneto näht ihre eigenen Kreationen aus Stoff und gibt Kurse bei der gfi. Vor sieben Jahren folgte sie ihrem späteren Mann nach Deutschland, wo auch ihr Sohn geboren wurde. Inzwischen ist sie mit Kursen und Selbstständigkeit ausgelastet.

Wer bei Chiara Cremon nähen lernt, muss sich nicht lange mit Trockenübungen aufhalten. Schon in der zweiten Unterrichtsstunde rattern in Horsthausen die Maschinen. Eine Tasche oder eine Tischdecke, sagt Chiara Cremon mit ihrem charmanten italienischen Akzent, seien doch schnell genäht. „Nach drei oder vier Mal können die Teilnehmerinnen schon mit einem eigenen Projekt anfangen.“

So wie Dunja Ghoneim, die gerade hellblaue Fäustlinge für ihren Sohn zusammennäht. Ein Loop-Schal in blau und gestreift, ist schon fertig. „Mir gefällt das hier sehr gut“, sagt sie. So gut, dass sie sich dienstags morgens in Oer-Erkenschwick auf den Weg macht zur gfi in Herne, der Gesellschaft zur Förderung der Integrationsarbeit an der Horsthauser Straße. Einen ersten Kurs hat sie hinter sich, und die Ausbeute kann sich sehen lassen: noch ein Loop-Schal, eine Mütze, Pumphose und Schürze für den Sohn, außerdem Körbchen, Tischdecke und Tasche.

Existenz aufgebaut

So gut gelaunt und energiegeladen, wie Chiara Cremon in ihren Nähkursen auftritt, hat sie auch ihr Leben fern der Heimat gestaltet, scheint es. „Ich hatte viel Glück“, winkt sie ab. Tatsächlich verwandelte sie sich in nur sieben Jahren von der Italienerin aus Vicenza, die ihrer Liebe, einem Italiener, nach Deutschland folgte und gerade einmal „Guten Morgen“ sagen konnte, in eine redegewandte Kursleiterin, die nicht nur Frauen das Nähen beibringt, sondern auch Italienisch an einer Privatschule unterrichtet und Mutter-Kind-Kurse im ehemaligen Kindergarten ihres Sohnes an der Kaiserstraße leitet . Dort knüpfte sie übrigens den Kontakt zu Michael Barszap von der gfi, der damals Rezepte und Geschichten von Migranten für ein Kochbuch suchte.

Das Schneidern hat die 40-Jährige in Italien gelernt. Sie stammt aus einer künstlerisch interessierten Familie: „Mein Vater malt, mein Bruder ist Schauspieler.“ Sie selbst absolvierte zunächst eine Modeschule, die sie als „operatore della moda“ (etwa: Modedesignerin) abschloss, später studierte sie Kunstgeschichte und Literatur in Padua. „In Italien gibt es diesen Traum, Stylist zu werden“, sagt sie. Er trieb auch sie an. Heute kann sie vom Schnittmuster bis zur Produktion ihre Entwürfe selbst realisieren und tut es auch, oder wie es die Schneiderin ausdrückt: „Ich habe Mode und Kunst zusammengeklebt.“ Sie zeigt ein einäugiges Kuschelmonster: „Das hat mein Sohn gezeichnet und ich habe es genäht.“ Ihre eigenen Stücke verkauft Chiara Cremon gelegentlich auf Märkten, seit kurzem ist sie auch auf der Internetplattform „Dawanda“ vertreten. Und sie hat einen eigenen Blog (http://nimitecobag.wordpress.com), über den sie auch Taschen aus Lederresten vertreibt, die sie in Italien einkauft. Ihre Textilien lässt sie sich auch mal aus Dänemark oder Belgien kommen. „Ich liebe Stoffe, und ich liebe es, sie zu kombinieren.“