Herne.. 30 Prozent weniger Ausbildungsplätze gab es in Herne im Vergleich zum Vorjahr. Luidger Wolterhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bochum, nennt die Lage dramatisch. Vorbildlich sei dagegen das Konzept der Hiberniaschule, wo Schüler auch eine Berufsausbildung absolvieren.


Die Lage am Ausbildungsmarkt in Herne als schwierig zu bezeichnen, wäre weit untertrieben. „Es herrscht eine dramatische Situation in dieser Stadt“, sagt Luidger Wolterhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bochum. 30 Prozent weniger Ausbildungsplätze habe es im Vergleich zum letzten Jahr gegeben, erklärte Wolterhoff gestern bei der Vorstellung der aktuellen Arbeitsmarktzahlen.

Die fand diesmal in der Hibernia-Schule statt. Aus gutem Grund: Hier erhält jeder Schüler eine handwerkliche Grundbildung und absolviert eine Ausbildung mit anerkanntem Abschluss. „Das ist einzigartig in NRW und wahrscheinlich in ganz Deutschland. Wir halten diesen Weg für zukunftsweisend“, sagt Dietmar Baumgart, Mitglied des Vorstands und Lehrer an der Hiberniaschule.

Für Wolterhoff ein „überzeugendes und richtiges Konzept“, um junge Menschen an das Berufsleben heranzuführen. Was an anderen Schulen lediglich im Rahmen von organisierten Projekten stattfindet, sei hier Alltag. Von der siebten bis zur zehnten Klasse schnuppern die Schüler in verschiedene Ausbildungsberufe hinein, in den Stufen elf und zwölf spezialisieren sie sich auf einen von fünf (Feinwerkmechaniker, Elektroniker, Tischler, Kinderpfleger, Maßschneider).

Schulische und berufliche Ausbildung verzahnen

Es sei heute notwendig, schulische und berufliche Ausbildung miteinander zu verzahnen, sagt Wolterhoff. Auch wenn sich die Jugendlichen später umentscheiden, studieren oder einen anderen Beruf erlernen, hätten sie durch die gewonnene Erfahrung deutliche Vorteile bei der Bewerbung und dem Berufseinstieg.

Ein gravierender Vorteil, wie ein Blick auf die aktuellen Arbeitsmarktzahlen verdeutlicht: Im November waren 10 330 Personen in Herne ohne Arbeit – genau eine Person weniger als im Oktober. Die Arbeitslosenquote bleibt damit bei 13,4 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl aber deutlich gestiegen, um 436 Personen (+ 4,4 Prozent).

Unternehmen blicken skeptisch in die Zukunft

Immerhin: „Auch in diesem Monat ist ein weiterer Abbau der Jugendarbeitslosigkeit gelungen“, sagt Luidger Wolterhoff. Das sei aber ein reiner Saisoneffekt, schränkt er ein, weil Nachzügler traditionell noch einen Ausbildungsplatz oder nach abgeschlossener Ausbildung eine Anstellung finden.

Weil viele Unternehmen verhalten bis skeptisch in die Zukunft blicken, seien auch weniger Stellen gemeldet worden als zuletzt. „Die Firmen sind unsicher, wie die Lage in sechs oder zwölf Monaten ist“, erklärt Wolterhoff. Das habe auch unmittelbare Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt. Wer unsicher ob des nächsten Jahres ist, binde ungern einen Azubi für drei Jahre an sich.

Gesamtschule, Kolleg und Kindergarten

Die Hiberniaschule ist eine staatlich genehmigte Gesamtschule und Kolleg und integriert Berufs- und Allgemeinbildung auf der Grundlage von Rudolf Steiner, auf dessen Lehre die Waldorfpädagogik fußt. Rund 930 Mädchen und Jungen besuchen derzeit die Schule. Sie existiert seit über 60 Jahren, beginnt mit der 1. Klasse und hat zudem einen Kindergarten.