Herne. . Publikumsfavorit war nach vier Stationen des Wettbewerbs „Tegtmeiers Erben“ HG Butzko aus Gelsenkirchen. „Metzgersgattin Else Stratmann“ alias Elke Heidenreich begeisterte als Laudatorin von Wilfried Schmickler. Ilja Richter würdigte Dieter Hallervorden. Und das Publikum feierte sie alle.
Beifallstürme gab es etliche an diesem Abend, aber eine Frau stach sie alle aus. Weder die Nachwuchs-Comedians noch die Ehrenpreisträger Wilfried Schmickler und Dieter Hallervorden konnten das Publikum zu einem so orkanartigen Applaus hinreißen wie die legendäre „Metzgersgattin aus Wanne-Eickel“. Als Laudatorin für Schmickler gab Elke Heidenreich beim großen Finale von „Tegtmeiers Erben“ im ausverkauften Kulturzentrum noch einmal die Else Stratmann, im Kittel und mit Kopftuch, versteht sich.
Doch dazu später. Hauptfiguren an diesem Abend waren sechs Comedians, die sich jeweils eine Viertelstunde auf der mit Showtreppe glamourös ausgestatteten Bühne als Nachfolger Jürgen von Mangers bewarben. Angekündigt von einem bestens gelaunten Helmut Sanftenschneider, der es nicht versäumte, seine gesungene Hommage an Herne beizutragen.
Den Wettstreit der Komiker eröffnete Henning Schmidtke mit klassischer Stand-up Comedy. „Es wird nur noch gecastet“, so sein Stoßseufzer. „Die machen aus Kunst ein Straflager.“ Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass der Kabarettist und Musiker aus dem Harz mit seiner Medienkritik inklusive Grönemeyer- und Dieter-Bohlen-Parodie den Jurypreis davontragen würde. Weil er „das Thema Leistungsdruck in origineller und dramaturgisch gelungener Weise“ kabarettistisch verarbeite und dabei eine große stilistische Vielfalt zeige, wie Stadtwerke-Vorstand Ulrich Koch das Jury-Urteil wiedergab.
Persönliche Begegnung mit Manger
Oberbürgermeister Horst Schiereck durfte zuvor den Publikumspreis überreichen. Er ging an HG Butzko aus Gelsenkirchen. 35,88 Prozent aller Zuschauer hatten auf der Tegtmeier-Tour durch vier Spielorte dem vielfach fernsehpräsenten Vertreter des „weltverbessernden Kabaretts“ ihre Stimme gegeben. Butzko hatte sie mit einer Mischung aus nie gestellten Fragen („Was haben Schmetterlinge im Bauch, wenn sie verliebt sind?“) und bissigen Gesellschaftsbetrachtungen überzeugt. Nun ist endlich klar, wie die Berliner Flughafenpleite, der Rücktritt von Präsident Wulf und die Affäre Tebart van Elst zusammenhängen.
Preiswürdig wären auch andere gewesen: der provokante Till Reiners mit seiner Angela-Merkel-Nummer und seinen Lügen-Lektionen, Daphne de Luxe als selbstbewusste üppige Walküre im Abendkleid, der Schwabe Michael Krebs am Klavier, der vor dem „Flüschterfuchs“ warnte, auch Satiriker Torsten Sträter mit seinen hintergründigen Alltagsgeschichten. Der hatte übrigens Jürgen von Manger nicht auf der Bühne, wie so viele an diesem Abend, sondern in einem Dortmunder Bekleidungshaus erlebt: Dort hatte ihn der damalige Herrenschneider Sträter bedient.
Gleich mehrere der Gäste hatten Jürgen von Manger noch persönlich kennengelernt. Auch der Moderator Helmut Sanftenschneider, in den 80er Jahren noch Postbote. Er belieferte u.a den Haushalt von Mangers, wo es zu Weihnachten zehn Mark Trinkgeld gab.
Winfried Schmickler erinnert sich an seine Jugend in Leverkusen: „In den 60er Jahren war es ein Klassensport, den Tegtmeier nachzumachen.“ Ende der 80er besuchte von Manger einen Auftritt des „Dreigestirns“, dem Schmickler angehörte: „Was waren wir aufgeregt!“ Trotz seines Schlaganfalls habe der Komödiant eine „positive Kraft und Lebensfreude“ ausgestrahlt. „Sein Autogramm hängt heute noch über meinem Schreibtisch - als einziges“.
Auch Dieter Hallervorden hat von Manger persönlich kennengelernt, zu seiner Zeit bei den „Wühlmäusen“. „Wie lange habe ich mit mir gerungen, ihn zu bitten, bei mir zu gastieren“. Als er dann kam, stimmte die Chemie. „Er trug das Näschen nicht oben.“
Der frühere Jugend-Moderator Ilja Richter ist von Manger ebenfalls begegnet: „Er outete sich als ,Disco’-Fan.“
Doch zurück zur wiederauferstandenen Else Stratmann. Der Wilfried, verriet sie, sei schon als Kind immer schlecht gelaunt gewesen. „Steht da und is’ am meckern - und dafür gibtet Preise?“ Dusselig sei er ja nicht und fleißig („lernt alles auswendig“), dafür bekam er neben der Bronzekappe ein leckeres Stückchen Fleischwurst. Wilfried Schmickler dankte erfreut und überreichte seinerseits Elke Heidenreich einen goldenen Mops, um gleich noch ein Gedicht zur Integrationsfrage loszuwerden und sich seinem Ruf gemäß aufzuregen, in diesem Fall über allumfassende Kontrolle durch NSA & Co.
Für sein „Lebenswerk“ wurde Dieter Hallervorden geehrt, der schon etliche Wandlungen vollzogen hat: vom „Wühlmäuse“-Kabarettisten über den Klamauk-Didi und jetzt zurück ins seriöse Schauspielfach mit „Sein letztes Rennen“. Ilja Richter würdigte den Freund und Schauspielerkollegen. Hallervorden amüsierte mit einem Original-Juristen-Text über „Unharmonischen Intimverkehr als Reisemangel“ und einem Live-Sketch mit Sohn Johannes.