Herne. . Sie stolperten anfangs alle über einen steinigen Weg, haben es aber geschafft. Auf der ersten Herner Integrationskonferenz mit 200 Teilnehmern stellten sich im Stadtteilzentrum Pluto fünf Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund vor, von denen man nur sagen kann: Respekt.
Sie stolperten anfangs alle über einen steinigen Weg, haben es aber geschafft. Auf der ersten Herner Integrationskonferenz mit 200 Teilnehmern stellten sich im Stadtteilzentrum Pluto fünf Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund vor, von denen man nur sagen kann: Respekt.
Nurten Özcelik
Die Bankangestellte bei der Sparkasse, Mitglied des Herner Integrationsrates, hat türkische Eltern, ist in Horsthausen geboren und aufgewachsen. „Wir wohnten hinter Maschendraht, der dort gezogen war. Auf der anderen Seite lebten die Deutschen mit gepflegten Vorgärten und Spielplätzen. Ein Lehrer hat gesagt, ,Du bist Türkin, du wirst ohnehin nur heiraten und dann Kinder kriegen, egal welche Ausbildung du machst’. Ich habe mich damals schriftlich beim Bundespräsidenten beschwert, wie wir hier behandelt werden. Der hat sogar geantwortet.“
Valbona Malko
Die 36-Jährige ist gebürtige Albanerin und kam erst 2007 hierher. „Ich wollte unbedingt Lehrerin werden und bin jetzt Lehramtskandidatin an einer Gesamtschule in Gelsenkirchen. Dort unterrichte ich Mathematik und Physik. Ich habe viel Unterstützung bekommen, sowohl bei Nachbarn als auch bei den Behörden, und nicht das Gefühl, dass es Einwanderer in Deutschland schwer haben.“
Kristi Selmanay
Einen besonders schwierigen Einstieg hatte ohne Zweifel der 18-Jährige aus dem Kosovo: „Ich kam mit fünf Jahren nach Herne und musste acht Jahre lang in einem Asylbewerberheim leben. Ich lernte in meiner Jugend nur Ausländer kennen.“ Mittlerweile geht Selmanay zum Berufskolleg für Wirtschaft und bastelt an seinem Abitur. In seiner Freizeit engagiert er sich ehrenamtlich in der Lebenshilfe und als Schiedsrichter beim DFB. Seine Motivation: „Ich habe mich bei Fußballspielen im Fernsehen immer darüber geärgert, wie viele Fehler die Schiedsrichter machen.“
Yokaribas Atlaan
Der Malermeister hat einen eigenen Betrieb gegründet: „Ich bereue nicht, dass ich mich selbstständig gemacht habe. Ich habe meine Meisterprüfung gemacht, aber niemand wollte mich als Meister übernehmen.“ Es sei oftmals schwer, einen Auftrag zu bekommen, wenn potenzielle Kunden seinen Namen hörten. „Aber wenn es dann doch klappt, gibt es regelmäßig viel Lob.“
Serap Karagöz
Die 19-Jährige mit türkischem Migrationshintergrund ist Polizeianwärterin und hat nach dem Abitur ihren Traumberuf ergattert. Bald bekommt sie ihre erste Uniform. „Meine Eltern sind typische Türken mit einer Dönerbude“, erzählt die junge Frau bei der Integrationskonferenz. „Aber sie haben immer großen Wert darauf gelegt, dass ich eine gute Ausbildung mache.“
Mehr miteinander als übereinander reden
Am Tag nach der ersten Herner Integrationskonferenz sprudeln die Moderatoren der sechs Workshops noch vor Begeisterung über. „Es war eine ganz tolle Konferenz“, lobt denn auch Dezernentin Gudrun Thierhoff nicht zuletzt die Organisation der Veranstaltung durch das Kommunale Integrationszentrum. Ziel war es, einen ersten Anstoß zu geben für die Entwicklung eines Integrationskonzeptes mit konkreten Handlungsfeldern: „Wir wollen damit keinen Papiertiger für die Schublade schaffen“, betont Radojka Mühlenkamp, Leiterin des Integrationszentrums. Sie freute sich sehr darüber, dass bei der Konferenz auch viele Teilnehmer mit Migrationshintergrund vertreten waren: „Wir müssen viel mehr miteinander als übereinander reden“, sagt sie.
Sechs Arbeitsgruppen
Die sechs Arbeitsgruppen, die aus Vertretern unterschiedlichster Bereiche bestanden, setzten sich mit den Themen Bildung, Ausbildung und Arbeit, Gesundheit, Kultur, Interkulturelle Öffnung der Verwaltung und Wohnen und Stadtentwicklung auseinander. Um beim Thema Integration voranzukommen sei eine bessere Vernetzung untereinander, aber auch über die einzelnen Themenbereiche hinaus erforderlich, waren sich die Teilnehmer einig. Dies solle, so Radojka Mühlenkamp, zum Beispiel durch regelmäßige Treffen, mindestens zweimal im Jahr geschehen. Und: Die wesentliche Voraussetzung, von der jegliche Integration abhänge, heiße: Bildung, Bildung, Bildung. „Ohne Bildung keine Gesundheit“, brachte es zum Beispiel Freitag bei der Ergebnispräsentation Birsel Habrichi-Pulat auf den Punkt. Die Jugendzahnärztin der Stadt Herne gab deshalb auch die Anregung ihrer Arbeitsgruppe weiter, analog zu den Kulturboten Gesundheitsboten einzusetzen. Denn es mangele Migranten oft nicht nur am sprachlichen Verständnis, sondern am Verständnis für das hiesige Gesundheitssystem insgesamt.
Insbesondere im Fokus standen bei den meisten Arbeitsgruppen die jungen Migranten, bei denen es vor allem gelte, durch Chancengleichheit bessere Ausbildungs- und Berufsperspektiven zu schaffen. Eine bessere Berufsvorbereitung könne ein Weg dazu sein, die stärkere Einbindung von Arbeitgebern mit Migrationshintergrund ein anderer.