Herne. . Soll die Sozialdemokraten Regierungsverantwortung im Bund übernehmen und eine Große Koalition mit der CDU/CSU eingehen? Diese Frage treibt die Genossen an der Basis um. Ein Besuch im SPD-Ortsverein Röhlinghausen.

Manuela Lukas (57) und Bettina Brüser (34) sind zwei von knapp 500 000 Mitgliedern der deutschen Sozialdemokratie. Die Diskussion ihres Ortsvereins Röhlinghausen am Donnerstagabend gibt aber Anlass zu der Annahme, dass sie zurzeit stellvertretend für die Zerrissenheit der gesamten Partei stehen. Diese Frage treibt die Basis um: Soll die SPD in die Große Koalition mit der CDU gehen?

„Ich kann nicht erkennen, bei welchen unserer Kernthemen wir Kompromisse eingehen können. Und für diese Themen habe ich doch Wahlkampf gemacht“, sagt die Bezirksverordnete Brüser im evangelischen Gemeindehaus am Göddenhof. Unterstützung erhält sie von Ines Söhnchen: „Wir würden unsere Glaubwürdigkeit verlieren“, glaubt die Jungsozialistin.

„Rot-Rot-Grün wäre Ypsilanti-XXL“

Diese Meinung haben sie an diesem Abend nicht exklusiv (siehe Umfrage rechts). Doch unter den 22 Genossen gibt es auch andere Stimmen – wie eben die der Ratsfrau Manuela Lukas: „Wir sollten ausloten: Wo sind unsere Chancen in einer Großen Koalition?“ Es gelte, die größtmögliche Schnittmenge für die Kernthemen zu finden.

In vielen Beiträgen wird deutlich: Der Mindestlohn liegt den Genossen am Herzen. Das gilt auch für Ex-MdB Gerd Bollmann, der – ganz pragmatisch – in einem Bündnis mit der Union die Möglichkeit sieht, hier ,„für die Menschen“ konkret etwas zu erreichen.

Ganz klar ist aber (nicht nur) für Bollmann: Bei der nächsten Wahl dürfe man eine Koalition mit der Linken nicht erneut von vorneherein ausschließen. Diesmal sei der Zug für ein linkes Bündnis jedoch abgefahren: „Das wäre tödlich, das wäre Ypsilanti-XXL!“ Ebenso tödlich wäre nach Einschätzung von Andreas Nowak eine „Katastrophe“ wie 2005, als die schwarz-rote Koalition die Mehrwertsteuer erhöhte. „Die Angst der Basis ist: Was passiert nach einer Großen Koalition?“, sagt Nowak, Chef der SPD Strünkede, mit Blick auf die 23 % bei der Bundestagswahl 2009.

Gerd Bollmann setzt auf das politische Gespür der Parteispitze: Diese werde es nur zum Mitgliederentscheid kommen lassen, wenn in Verhandlungen ein für die Basis akzeptables Paket geschnürt worden sei. Apropos Mitgliederentscheid: Bollmanns Sohn Hendrik beklagt, dass über dieses Instrument in vielen Medien gemeckert werde. „Das ist ein Super-Schritt und wertet die Mitgliedschaft in der SPD auf“, betont der Ortsvereinsvorsitzende.

Nach knapp 100 Minuten ist zur Großen Koalition alles gesagt. Nächster Tagesordnungspunkt: die Vorbereitung der traditionellen „Tanz in den Mai“-Veranstaltung in Röhlinghausen.