Herne. . Kriegerdenkmal weiter in der Diskussion. Auch zum „Ehrenbürger“ Otto Heinrich Flottmann wird geforscht. Weitere Themen: Kirmes und Synagogen

Bald ein Jahr ist es her, da besuchte der Oberbürgermeister einen Geschichtskurs des Otto-Hahn-Gymnasiums. Oberstufenschüler hatten sich kritisch mit dem Kriegerdenkmal auseinandergesetzt, an dem die Stadt alljährlich ihre Gedenkfeier zum Volkstrauertag abhielt: einem Adler auf einem Steinsockel, eingeweiht 1934. „Es stellt die Soldaten als Kriegshelden dar“, fanden die Schüler. Eine Verlegung der Gedenkstunde auf den Waldfriedhof war die erste Konsequenz, die zweite soll eine Umgestaltung sein. Allerdings nicht ganz im Sinne der Schüler, deren Anregungen die Denkmalschützer zumindest teilweise verwarfen.

Details werden am Mittwoch dem Kulturausschuss dargelegt. Tenor: Eine Brechung der Sichtachse werde abgelehnt, da die Kriegspropaganda leichter durchschaubar sei, wenn das Denkmal im Original bestehen bleibe. Ergänzungen seien aber denkbar.

Drei Ehrenbürger zur NS-Zeit

Die Stadt lasse verschiedene Aspekte aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft untersuchen, erklärte gestern Oberbürgermeister Horst Schiereck den Kontext. Der derzeit bei der Stadt angestellte Historiker Ralf Piorr ist damit betraut. Er beleuchtet u.a. das Thema „Ehrenbürgerschaften“. Erste Ergebnisse liegen vor, und sie dürften zumindest in einem Fall für Überraschung sorgen: Zwei Jahre nach Reichskanzler Paul von Hindenburg und Adolf Hitler erhielt Otto Heinrich Flottmann 1935 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Herne. Ausgezeichnet „nicht nur als Unternehmer, sondern als früher Unterstützer der NSDAP“, wie Schiereck nun weiß. Schon 1931 habe er in den Flottmann-Werken eine „Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation“ (NSBO) eingeführt. Weitere Ehrenbürgerschaften wurden in der NS-Zeit nicht verliehen. Schiereck: „Für uns stellt sich die Frage: Wie damit umgehen?“ Formaljuristisch ende eine Ehrenbürgerschaft mit dem Tod, einige Städte erkennen sie trotzdem noch ab, wie 1984 auch in Herne im Falle Hitlers geschehen. Schierecks Standpunkt: „Die Stadträte waren nach 1933 nicht demokratisch legitimiert.“ Was sie folglich nicht zur Ernennung vom Ehrenbürgern berechtigte. Diese Position will der OB zur Diskussion in den Rat einbringen.

Zwei weitere Themen sind ebenfalls in Bearbeitung: die Geschichte der Synagogen, vor allem in Wanne-Eickel, und das Verschwinden der Sinti und Roma von der Cranger Kirmes. „Unser Ziel ist es nicht, Geschichte schön zu schreiben, sondern sich mit ihr auseinanderzusetzen“, sagt der OB. Das gelte auch für die renommierten Flottmann-Hallen. An die braune Vergangenheit ihres Besitzers müsse mindestens eine Tafel erinnern.

Der Kulturausschuss hat das Thema „Ehrenmal“ am Mittwoch auf seiner Tagesordnung. Die Politik erfährt etwas über den Standpunkt der Unteren und Oberen Denkmalbehörde.

Bei der Ratssitzung am 15. Oktober wird das Thema „Ehrenbürger“ vertieft. Acht Männer zählt die Liste insgesamt, darunter OB Edmund Weber (1969) und OB Robert Brauner (1985).