Auf VHS-Einladung diskutierten fünf Bewerber für den Bundestag am Dienstagabend Themen wie über Strompreise, Herne und Betreuungsgeld und mehr.
Stell dir vor, Herner Bundestagskandidaten setzen sich zwölf Tage vorm Urnengang öffentlich über politische Ziele und Inhalte auseinander – und Bürger zeigen ihnen die kalte Schulter! So geschehen am Dienstagabend in der Volkshochschule am Willi-Pohlmann-Platz: Zwar nahmen rund 150 Besucher dieses traditionelle Angebot der VHS an, doch ohne Parteibuch waren wohl die wenigsten.
Das deutete sich schon zu Beginn an, als Moderater Michael Muscheid (WAZ) ins Publikum fragte, wer denn hinsichtlich des Wahlverhaltens am 22. September noch unentschlossen sei. Ganze fünf Arme gingen hier nach oben.
Immerhin dürften die Fünf im ersten, sehr munteren Teil der zweistündigen Veranstaltung Aufschlüsse darüber gewonnen haben, wen sie für die nächsten vier Jahre nach Berlin schicken sollen: Michelle Müntefering (SPD), Ingrid Fischbach (CDU), Sabine von der Beck (Grüne), Markus Dowe (Linke) oder Frank Leschowski (FDP)?
In vier inhaltlichen Runden konnte sich das Quintett an Fragen abarbeiten wie: Wie kann der Bund Herne aus der Schuldenkrise helfen? Was halten Sie von der Reichensteuer? Brauchen wir die Strompreisbremse? Wie stehen Sie zum Betreuungsgeld?
In den Zielen – unter anderem. Strompreisbremse oder Hilfen für Herne – gab es häufiger Schnittmengen, doch bei der Frage nach den richtigen Instrumenten taten sich große Unterschiede auf – vor allem zwischen Rot-Grün auf der einen und Schwarz-Gelb auf der anderen Seite. Vor allem der Linke-Kandidat brachte Farbe in dieses Spiel, in dem er auch die SPD für deren frühere Politik scharf anging. Dafür gab’s dann sogar Lob von christdemokratischer Seite.
Steilvorlagen für die Parteifreunde
Den zweiten Teil der Veranstaltung – eine Fragerunde für Besucher – nutzten vor allem Parteimitglieder im Saal, um entweder ihrem Kandidaten eine Steilvorlage für ein weiteres Statement zu liefern oder dem politischen Gegner zuzusetzen. So auch beim Versuch von Sozialdemokraten, ein mit Kritik an der SPD-Stadtregierung verbundenes Eingangsstatement von MdB Fischbach dahingehend umzudeuten, dass sie gegen Herne sei.
Besucher (und Sozialdemokrat) Hendrik Bollmann sprach gegen Ende das aus, was viele dachten: Es müsste eine neue Veranstaltungsform gefunden werden, um der schleichenden Entpolitisierung in der Bevölkerung entgegen zu wirken und Menschen jenseits des Parteienspektrums zu erreichen.
Protest von der Piratenpartei
Die Herner Direktkandidaten der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien dürfen auf dem Podium Platz nehmen – dieses Verfahren hatte die federführende Volkshochschule für die schon traditionelle Vor-Wahl-Veranstaltung gewählt.
Als Moderatoren der Podiumsdiskussion wurden WAZ-Redaktionsleiter Michael Muscheid und Redaktions-Vize Tobias Bolsmann verpflichtet.
Die (in diversen Landtagen) vertretene Piratenpartei war mit dem Verfahren nicht einverstanden und hielt deshalb eine Art Mahnwache vor der Volkshochschule ab. Sie verbänden diese Aktion jedoch auch mit dem Protest gegen die NSA-Spähaffäre und die Einschränkung der Freiheitsrechte, so Andreas Prennig, Direktkandidat der Piraten im Wahlkreis Herne/Bochum II.