Herne. . Am Buschmannshof in Wanne leben Demenzkranke in Wohngemeinschaften. Ihr Alltag soll so unkompliziert wie möglich sein. Alternative zu Pflegeheim ist sehr stark nachgefragt

Wenn das Thema Demenz zur Sprache kommt, dann löst das bei den meisten Menschen vor allem eins aus: Betroffenheit. Die Berührungsängste sind oft groß. Es fällt schwer, mit Menschen zu kommunizieren, die nach und nach ihr Gedächtnis verlieren. Und über allem schwebt die Furcht, die eigenen Angehörigen oder man selbst könnten eines Tages an Demenz erkranken. Dann steht die Frage im Raum: Wo sollen Demenzkranke leben?

Alternative zum Pflegeheim

Eine echte Alternative zum Pflegeheim oder zur Pflege zu Hause sind Demenz-Wohngemeinschaften. Diese besondere Form des Zusammenlebens von Menschen mit Demenz wird immer beliebter. Am Buschmannshof 3 bis 5 in Wanne gibt es zwei WGs mit jeweils acht Mitbewohnern. Jeder hat ein Einzelzimmer, das etwa zwischen 15 und 40 Quadratmetern groß ist, und kann die Gemeinschaftsräume wie Küche und Wohnzimmer nutzen. Die Räume sind hell und freundlich, die Mitbewohner sitzen zusammen und frühstücken. Es läuft WDR 4 im Radio. Betroffen sein muss hier niemand.

„Wir wollen für die Menschen eine Alltagssituation herstellen,“ sagt Pflegedienstleiter Volker Hülsewiesche. Gemeinsam mit seinen Kollegen und dem Verein Wohnen in Gemeinschaft e.V. betreut er die Mitbewohner der Demenz-WGs. Ausgewählt wurden Hülsewiesche und sein Team von den Angehörigen der Bewohner. Die Selbstbestimmung der Mitbewohner stehe im Vordergrund. Eine direkte Kooperation mit Wohnungsbaugesellschaft Vivawest gebe es deshalb nicht. „Wir wollen, dass die Wohngemeinschaften so unabhängig wie möglich sein können“, betont Giovanni Costanza, Leiter des Kundencenters bei Vivawest. Für den Pflegedienstleiter Volker Hülsewiesche bedeutet das: Die Angehörigen können sich jederzeit für einen anderen Dienstleister entscheiden. „Man muss eben mutig sein“, sagt Hülsewiesche. Doch etwas zu befürchten hat er wohl kaum: die WG-Mitbewohner begrüßen ihn herzlich, als er sie besucht. Eine Mitbewohnerin zeigt ihr Zimmer, mit selbstgeknüpften Teppichen und Bildern von ihren Enkelkindern. Auch das Badezimmer zeigt die Mitbewohnerin. Ein Badewannen-Lift erleichtert das Waschen für die Pflegekräfte.

Ob eine Wohnung geeignet ist für ein altersgerechtes Leben, das entscheidet die Firma Alter-nativ wohnen (ANW). „Wir begutachten Räumlichkeiten und schauen uns in der Umgebung um. Es ist wichtig, dass die Wohnungen in einer Gegend liegen, in der es eine gute Infrastruktur gibt“, berichtet Dirk Bohlmann von ANW. Seit sechs Jahren hat die Firma sich auf die Untervermietung von Zimmern in Demenzwohngemeinschaften spezialisiert. „Der Bedarf steigt stetig“, sagt Bohlmann.

Das weiß auch Volker Hülsewiesche. „Für diese Form des Zusammenlebens interessieren sich immer mehr Menschen“, sagt er. Schließlich fühle sich die WG für die Bewohner an wie eine Großfamilie. Sie ist das genaue Gegenteil von dem, wovor viele alte und kranke Menschen Angst haben: Einsamkeit. „Irgendwann wird eben auch eine Generation alt, die mit WGs und der alternativen Szene groß geworden ist“, meint Hülsewiesche. „Die fühlt sich hier bestimmt wohl. Und da läuft dann eben nicht WDR4, sondern die Beatles.“

Die Finanzierung der Wohngemeinschaft setzt sich aus drei Säulen zusammen. Die Miete kostet am Buschmannshof 450 Euro warm. Hinzu kommen Haushaltsführungskosten von 250 bis 300 Euro monatlich. Von diesem Geld wird zum Beispiel eine Reinigungskraft bezahlt oder ein neues Sofa angeschafft. All diese Anschaffungen werden von den Angehörigen besprochen. Als dritter Aspekt kommen die Pflegekosten hinzu, die je nach Pflegestufe variieren. In der Demenz-WG ist dauerhaft Pflegepersonal anwesend. Alle Räume sind altersgerecht ausgestattet. In die WG gelangen die Mitbewohner über einen Aufzug.

Die Lage in der Wanner Innenstadt ist ein Vorteil für die WG-Bewohner: Diejenigen, die nur mäßig eingeschränkt sind, können durchaus die Fußgängerzone entlang schlendern. Sollte dann doch Verwirrung entstehen und ein Bewohner nicht mehr zurückfinden, sind Einzelhändler informiert. In Pflegeheimen kommt es immer wieder vor, dass die Menschen weglaufen. In der WG komme das so gut wie nie vor, sagt Volker Hülsewiesche. Da die Bewohner auch teilweise ihre eigenen Möbel mitbringen dürfen, fühlten sie sich nicht so fremd. Hülsewiesche nennt das „biografieorientiertes Wohnen.“ Wer sich für das Angebot der ANW interessiert, findet Infos unter www.anw-wohnen.de