Herne. . Interview am Samstag: Dr. Manfred Plum leitet die neue Asto-Ambulanz am Alten Amt.Er berichtet über die Substitutionstherapie für Drogensüchtige und ihren Weg zurück ins Leben

Die neue Asto-Ambulanz am Alten Amt in Eickel ist die erste Einrichtung ihrer Art in ganz NRW. Sie bietet Drogenabhängigen eine ambulante Therapie, die nicht nur aus der Gabe von Substitutionsstoffen wie Methadon besteht, sondern auch eine umfangreiche internistische, psychiatrische und sozialtherapeutische Versorgung umfasst. Leiter der Asto-Ambulanz (Ambulante Substitutions-Therapie Opiatabhängiger) sind Dr. Manfred Plum und Dr. Peter W. Nyhuis. Mit Dr. Plum sprach WAZ-Redakteurin Maren Winterfeld über die Behandlung von Drogensüchtigen und Nachwuchssorgen der Ärzte.

Wie stark ist Drogensucht in Herne und Umgebung verbreitet?

Plum: In unserer Einrichtung betreuen wir zurzeit etwa 180 Suchtkranke. In ganz Herne werden knapp 300 Drogenabhängige behandelt. Es gibt neben der Asto-Ambulanz noch zwei Arztpraxen, die die Substitutionstherapie anbieten.

Eine hohe Anzahl an Patienten für drei verschiedene Anlaufstellen...

Das stimmt. Leider fehlt uns der Berufsnachwuchs, der uns Suchtmediziner entlasten könnte.

Warum wollen junge Ärzte nicht so gern in der Suchtmedizin arbeiten wie in anderen medizinischen Tätigkeitsfeldern?

Einerseits liegt das an der Patientengruppe. Wir haben mit Menschen zu tun, die in vielen Arztpraxen nicht gerne gesehen werden. Sie wurden durch ihre Erkrankung an der Rand der Gesellschaft gedrängt und haben oft ein zerstörtes Selbstwertgefühl. In der Asto-Ambulanz bekommen diese Menschen aber Hilfe durch unsere engagierten Mitarbeiter, damit sie den Weg aus der Krise finden. Andererseits ist es eine große Herausforderung, die Asto-Ambulanz 365 Tage im Jahr zu betreiben. Deshalb ist die Kooperation mit dem St.-Marien-Hospital Eickel sehr erfreulich, da wir sehr gute Absprachen und ein kompetentes Team brauchen, damit die Versorgung der Patienten gewährleistet ist.

Wie groß ist die Präsenz des Themas in der Gesellschaft? Die Zeiten von „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ scheinen vorbei...

Die Aufmerksamkeit für das Thema Drogensucht geht zurück. Viele der Heroinsüchtigen gehören der älteren Generation an, aber es kommen immer auch junge Süchtige nach. Die wenigsten denken beim Thema Drogen jedoch an die Suchtmittel, die man an jeder Straßenecke kaufen kann wie Tabakprodukte und alkoholische Getränke. Dabei richten diese Drogen sehr großen Schaden an. Beim Heroin ist vor allem die Illegalität ein Problem. Heroinsüchtige rutschen sehr häufig in die Beschaffungskriminalität ab, was letztendlich zur Lebenskrise führt. Der Stoff Heroin als solcher macht nicht krank. Es sind die verunreinigenden Beimischungen und die Bedingungen des illegalen Konsums, die Menschen gefährden und krank machen. Wir versorgen unsere Patienten mit einem pharmakologisch sauberen Medikament. Wir arbeiten mit Methadon, Polamidon und Buprenorphin.

Wie groß sind die Erfolgsaussichten einer solchen Substitutionstherapie?

Unser Ziel ist erstmal, den Menschen am Leben zu halten. Eine Drogensuchterkrankung hat eine ähnliche Sterblichkeit wie Krebs. Grundsätzlich gehen die Todesfälle aber zurück. Die Substitute können den Patienten stabil halten, ohne dass er einen Rauschzustand erlebt. Wir sind stolz darauf, dass in Deutschland Jahr für Jahr die Drogentodesfälle zurückgehen und in Herne so gut wie gar nicht mehr auftreten. Einigen Suchtpatienten gelingt nach längerer Substitutionsbehandlung der Schritt in ein normales Leben. Andere müssen wir mit unserer Therapie ein Leben lang begleiten.