Herne. . Das Brillengeschäft Mertens besteht seit einem Jahrhundert. Inhaber Jochen Jacobi, Enkel des Gründers Heinrich, über Geschichte, Konkurrenz und Mode

Schon als kleiner Junge hat Jochen Jacobi in der Werkstatt seines Großvaters Heinrich Mertens gespielt. Der Optiker hatte vor 100 Jahren das gleichnamige Brillengeschäft an der Bahnhofstraße gegründet. „Die Frage, ob ich Optiker werde, hat sich mir nie gestellt“, sagt der Enkel des Gründers. Sein Weg war vorgezeichnet. Heute beschäftigt er sieben Mitarbeiter, darunter einen Auszubildenden.

Vor acht Jahren wurde es eng bei Optik Mertens. Kurzarbeit war angesagt. Doch Jochen Jacobi und sein Team haben es geschafft. „Wir haben alles noch mal durchkalkuliert, Einkäufe anders gesteuert und mehr Werbung gemacht“, sagt der 55-Jährige. Das Vorgehen getreu der Devise „Angriff ist die beste Verteidigung“ habe sich gelohnt.

Schon als Junge in der Werkstatt

Bereits als Junge erledigte er in der großväterlichen Werkstatt leichte Arbeiten. „Ich habe kleine Sachen probiert, zum Beispiel habe ich Gläser gebröckelt.“ Dabei wurden mit einer Zange vom Rohling die Ränder abgeknipst, um sie fürs Gestell anzupassen. Erst danach erfolgte manuell der Feinschliff. Heute schleifen CNC-Maschinen die Gläser. (CNC = computergestützte numerische Steuerung).

Früher waren Brillengläser ausschließlich aus Glas und nicht entspiegelt, heute bestehen sie zu 95 Prozent aus Kunststoff und sind leichter, weniger zerbrechlich und für alle Gestelle nutzbar. Hinsichtlich der Schärfe gibt es keinen Unterschied zwischen Glas und Kunststoff. Jacobi: „Wenn der Optiker sein Handwerk verstand, konnte man auch damals schon mit einer Brille gut sehen.“

In seinen Augen hat sich der Stellenwert einer Brille in der Gesellschaft in 100 Jahren nicht wesentlich verändert. Klar, in der Kindheit sei man damit eine „Brillenschlange“ gewesen („tolle Kinderbrillen gab es ja noch nicht“). Mit zunehmendem Alter wirke eine Sehhilfe auf der Nase eher seriöser. Das führt sogar dazu, dass Menschen, die gar keine Sehschwäche haben, sich eine Brille mit ungeschliffenen Gläsern kaufen, „weil es vielleicht seriöser wirkt oder zum Outfit passt.“ Die Brille habe sich von der reinen medizinischen Versorgung zu einem modischen Accessoire gewandelt, erklärt Jacobi. Er selbst trägt seit 15 Jahren eine Brille.

Das Phänomen Mode

„Man merkt, dass alles wiederkommt“, sagt der Optiker über das Phänomen Mode. Die große „Nerdbrille“ habe das Kassengestell zurückgebracht, schmunzelt er. Erst nur in schwarz, heute auch bunt und mehrfarbig. „Es wird aber die Zeit kommen, in der Brillen wieder kleiner werden oder aus Metall sind.“ Er geht davon aus, dass zur Gründung bereits 100 verschiedene Gestelle im Angebot waren; heute sind es fast 1000.

Die Konkurrenz schläft nicht, vor allem im Internet. Jacobi macht sich nichts vor: „Im Internet wird man immer etwas günstiger finden.“ Aber eine Brille sei immer noch etwas sehr individuelles. „Sie muss angepasst werden, oftmals unterhalb des Millimeter-Bereichs.“ Deshalb werde sich die Optiker-Branche immer behaupten.